Willkommen auf meinem Star Trek-Blog! Seit ungefähr Anfang der 90er bin ich ein großer Star Trek-Fan, und irgendwann fing ich auch mal an, die Romane zu lesen. Dies soll ein Versuch sein, alle von mir geschriebenen Star Trek-Roman-Rezensionen einigermaßen kompakt zu präsentieren. Es würde mich freuen, wenn sich der eine oder andere bei meinen Bewertungen einen Tipp abholen kann. Wie man sehen kann, habe ich unter jede Rezension auch einzelne Aspekte wie Humor oder Spannung extra bewertet. Auch fehlte mir bei anderen Rezensionen immer der Hinweis, ob ein Star Trek-Roman auch für Nicht-Trekkies oder Neulinge geeignet ist oder nicht, deshalb gehe ich auch auf diesen Punkt ein.

Ich habe versucht, nicht allzuviel zu spoilern, aber absolute Spoiler-Allergiker möchte ich gleich darauf hinweisen, dass ich in fast jeder Rezi auch ein wenig auf den Inhalt des Buches eingehe. Ich finde es immer witzlos, wenn man rein gar nichts über das Thema eines Buches erfährt.

Ein Wort noch zu den verwendeten Fotos: Ich hätte die Cover auch einscannen können, fand aber die Idee mit den Fotos irgendwie schöner, gerade weil sie so dilettantisch aussehen ;-)
Kommentare, Tipps oder auch Rezensionswünsche sind jederzeit willkommen!

Und nun viel Spaß beim Stöbern!

Dienstag, 5. Oktober 2010

Sektion 31: Der Abgrund

Jeffrey Lang, David Weddle

DS9 8.03, erschienen bei Cross Cult

(279 S., Original: Section 31 - Abyss)

Dieser Roman erschien bereits 2002 im Heyne-Verlag, obwohl die beiden direkten Vorgänger "Offenbarung 1" und "Offenbarung 2" nicht veröffentlicht wurden. Glücklicherweise kamen diese beiden Romane Jahre später dann doch noch beim Cross Cult-Verlag heraus, und auch "Der Abgrund" erschien noch einmal in einer Neuübersetzung. Ich hoffe, diese Rezension läuft jetzt nicht ZU sehr auf den Vergleich Cross Cult vs. Heyne heraus, aber da ich jetzt beide Romane sozusagen parallelgelesen habe, lässt es sich nicht ganz vermeiden.

Zum Inhalt: Dr. Bashir erhält eines Tages einen Auftrag der streng geheimen Organisation Sektion 31. Es geht darum, Ethan Locken ausfindig zu machen, eines ihrer ehemaligen Mitglieder. Locken wurde, genau wie einst Bashir, genetisch aufgewertet, züchtet auf einem Planeten mitten in den Badlands eine eigene Jem'Hadar-Armee heran und sieht sich als Khan Noonien Singhs Nachfolger. Natürlich macht sich Bashir zusammen mit Ro Laren, Ezri Dax und dem Jem'Hadar Taran'atar auf den Weg, um den Größenwahnsinnigen zu stoppen...

Auch wenn die "Verrückter-Wissenschaftler"-Story nach einem alten Hut klingt, ist dieser Roman ein ganz großes Highlight unter allen DS9-Romanen. Die Geschichte ist von Anfang bis Ende stimmig, die Actionszenen perfekt dosiert, das Spannungsniveau durchgehend hoch. Das Beste sind aber die wunderbar getroffenen Charaktere, allen voran natürlich Julian Bashir. Im Nachhinein muss man den Autoren der Serie Deep Space Nine zu der überraschenden Entscheidung gratulieren, aus dem naiv und übereifrig wirkenden Arzt einen genetisch aufgewerten "Supermenschen" zu machen. Dadurch bekam er genau die charakterliche Tiefe, die er vorher dringend nötig hatte, und machte eine Wandlung durch wie kaum eine andere Star Trek-Figur. "Der Abgrund" unterstreicht eindrucksvoll, wie vielschichtig Bashirs Charakter geworden ist. Überdrüssig, ständig sein Licht unter den Scheffel stellen zu müssen, erkennt er widerwillig in Ethan Locken einen Seelenverwandten - eine wirklich fesselnde Charakterstudie des Doktors!

Auch Ezri Dax gewinnt immer mehr an Profil und kann in der Zwischenzeit (fast) aus dem übergroßen Schatten der unvergesslichen Jadzia Dax heraustreten. Sogar in den grimmigen Jem'Hadar kann man sich gut hereinversetzen, dafür gebührt den beiden Autoren wirklich Respekt!
Der Bösewicht des Romans, Ethan Locken, ist ein sehr interessanter Gegenspieler, da er bei aller Besessenheit und Grausamkeit auch sehr sensibel und verletzlich dargestellt wurde. Die Dialoge zwischen ihm und Bashir sind einfach nur große Klasse.
Weniger überzeugen konnten mich dagegen die beiläufige Auflösung der Geschichte und der etwas uninspirierte Ingavi-Nebenplot. Beides war zwar immer noch interessant genug, um den guten Eindruck des Romans nicht zu ruinieren, aber das gewisse Etwas fehlte.

Als ich den Roman das erste Mal las, war ich (genau wie die meisten anderen) erstmal ganz erschlagen von den vielen Veränderungen, die sich nach dem Ende der Serie zugetragen hatten. Trotzdem hatte es "damals" (soll heißen: vor einem guten Jahr) für mich auch einen gewissen Reiz, mit den ganzen Neuerungen konfrontiert zu werden ("Wow - Ro Laren ist jetzt auf Deep Space Nine! Und außerdem ein Jem'Hadar! Seit wann ist dieser Vaughn Erster Offizier? Wieso ist die Station in einem so schlechten Zustand? Wieso ist Kira jetzt geächtet? Warum ist Jake Sisko verschwunden?...usw. usw.) Natürlich war es trotzdem sehr schön, jetzt Bescheid zu wissen, ohne das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Mir gefällt sehr, dass zwar einige Dinge ungelöst bleiben, die Haupthandlung aber in in sich geschlossen ist. So bleibt man neugierig auf den Nachfolgeroman, wird aber dennoch nicht von einem Cliffhanger auf die Folter gespannt.

Nachdem ich schon von der Heyne-Ausgabe dieses Romans begeistert war, ist es kein Wunder, dass mir das Buch in der Cross-Cult-Ausgabe mindestens genauso gut gefällt, und sogar noch ein bisschen mehr! Wie erwartet schneidet der kleinere Verlag beim direkten Vergleich besser ab, einfach weil man als Leser immer das Gefühl hat, dass die Verantwortlichen echte Star Trek-Fans sind. Christian Humbergs Stil ist nicht nur lockerer als der seines Heyne-Kollegen Andreas Brandhorst, sondern er hält sich auch enger an die deutsche Synchronisation ("Sternenflotte" statt "Starfleet", "Ketracel White" statt "Ketracel Weiß", "Hypospray" statt "Injektor" usw:) Außerdem konnte Brandhorst offensichtlich nichts mit dem Begriff "Deep Space Niners" anfangen, womit die Baseballmannschaft um Sisko aus der Folge "Wettkampf in der Holosuite" gemeint ist, und machte daraus "Kameraden von DS9".  Überhaupt unterscheidet sich die Wortwahl der beiden überraschend deutlich voneinander. Gut zu lesen sind jedenfalls beide Ausgaben.
Das schlichtere Heyne- bzw. Originalcover gefällt mir persönlich besser als das neue Titelbild mit der Spiegel-Ezri, das ist aber letztendlich Geschmackssache.

Fazit: "Der Abgrund" ist so gut, dass es sich durchaus lohnt, es zweimal zu lesen, um beide Versionen zu testen. So oder so ist es einer der besten DS9-Romane überhaupt. Trotzdem schneidet Cross Cult bei mir besser ab, schon allein aus Sympathie! ;-)

5/5

Charaktere getroffen? *****
Spannung: ***
Humor: **
Action: ***
Gefühl: **
originelle Handlung? ***
Anspruch: ****

Vorwissen nötig?
Star Trek-Kenner bekommen es auch ohne Kenntnis der beiden Vorgängerromane hin, aber grundsätzlich würde ich jedem empfehlen, zuerst die "Offenbarung"-Romane zu lesen, zumal die beiden wirklich gut sind. Der Roman ist auch ein Teil der serienübergreifenden "Sektion 31"-Reihe. Diese muss man allerdings nicht kennen, um diesen Roman nachvollziehen zu können; sie kommen sowieso nicht annähernd an "Der Abgrund" heran.

2 Kommentare:

  1. Moin Ameise,

    Ich war sehr interessiert an einem Direktvergleich zwischen beiden Werken, bzw. beiden Übersetzungen. Der letztendliche Zuschlag für Cross Cult verwundert zwar nicht sonderlich, doch mit vergleichenden Textbeispielen geschmückt wird erst richtig deutlich, wie qualitativ hochwertig die Arbeit der Cross-Cult-Übersetzer im Gegensatz zu ihren Vorgängern aus dem Hause Heyne tatsächlich ist.
    Danke Cross Cult, und danke Ameise für die schöne Rezension!

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  2. Hallo Turon,

    dass Dir die Rezension gefällt, freut mich sehr! Jetzt im Nachhinein sind mir noch einige Dinge an den beiden Übersetzungen aufgefallen, die ich vergessen habe zu erwähnen. Zum Beispiel wurde die verstorbene Bolianerin Tiris Jast in der Heyne-Version kurzerhand zu einem Mann gemacht. Dafür tappte CC-Übersetzer Christian Humberg in die alte Übersetzer-Falle, "bodies" mit "Körper" zu übersetzen, auch wenn in diesem Fall "Leichen" besser gepasst hätte.

    Auch wenn die Heyne-Übersetzung nicht so gelungen ist wie die von Cross Cult, ziehe ich dennoch der Heyne-Variante im Nachhinein keine Punkte ab. Immerhin hat mir dieser Roman auch sehr gefallen.

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