Peter David
New Frontier Nr. 4, erschienen bei Cross Cult
(263 S., Original: Fire on High)
Schock für Lieutenant Robin Lefler: Zehn Jahre lang hielt sie ihre Mutter für tot, und nun stellt sich heraus, dass Morgan Primus, ehemals Lefler, in einem momidianischen Gefängnis sitzt. Im Austausch gegen ein Bewässerungssystem und Medikamente kommt Morgan frei und wird von der Excalibur abgeholt. Das Wiedersehen zwischen Mutter und Tochter fällt sehr frostig aus, nicht zuletzt weil Morgan partout nicht ihre Beweggründe erklären will.
Leflers Mutter ist allerdings nicht das größte Problem auf der Excalibur: Im Warpkern hat sich ein mächtiges Wesen eingenistet, das dem Schiff Energie entzieht und über kurz oder lang "schlüpfen" wird. Wenn man bedenkt, welche Auswirkungen ein ganz ähnliches Ereignis im zweiten Band hatte, ist die Lage auf der Excalibur verständlicherweise höchst angespannt. Da bietet die erst so unkooperative Morgan plötzlich ihre Hilfe an: Ihrer Meinung nach ist die Ursache für dieses seltsame Ereignis auf dem Planeten Ahmista zu finden. Wie man feststellen muss, ist dort sämtliches Leben von einer verheerenden Waffe ausgelöscht worden, mit Ausnahme einer einzigen Frau...
Der Handlungsstrang um Robins Mutter wurde am Ende des Vorgängerromans "Märtyrer" aufgebaut und konnte bei mir nur mäßige Begeistung wecken: Robin Lefler trifft ihre totgeglaubte Mutter wieder - wie interessant kann das schon sein? Tatsächlich ist genau dies aber dies eine der großen Stärken des vierten New-Frontier-Bandes. Morgan Primus stellt nämlich eine sehr interessante und undurchsichtige Figur dar, die bis zum Schluss Rätsel aufgibt und trotz ihrer unterkühlten Art gar nicht mal so unsympathisch ist. Bei der Gelegenheit erhält die in den Vorgängerromanen arg vernachlässigte Robin Lefler endlich mal etwas mehr Profil, als dem Leser klar wird, dass sich hinter ihrer unbeschwerten Fassade eine höchst verletztliche Seele verbirgt. Außerdem wird ihr klar, dass sie romantische Gefühle für Si Cwan entwickelt.
Überhaupt machen die privaten Freuden und Leiden der Excalibur-Besatzung einen Großteil des Romans aus. Da wäre beispielsweise die auf den ersten Blick so unerschütterliche Elizabeth Shelby, die sich ihres Rufes als notorische Spaßbremse durchaus bewusst ist und das Gefühl hat, ein wenig "außen vor" zu sein. Dr. Selar hat ihr Pon Farr hinter sich gebracht und stellt fest, dass sie von Burgoyne schwanger ist. Trotzdem trennen sich die beiden, müssen sich aber insgeheim eingestehen, dass sie ihre Beziehung doch nicht so einfach abhaken können. Die eigentlich völlig unbeteiligte Wissenschaftsoffizierin Soleta muss ungewollt als Schiffcounselor herhalten (die lustigsten Szenen im gesamten Roman!) Zak Kebron und Si Cwan hingegen pflegen ihre zur Schau getragene gegenseitige Antipathie, obwohl jeder den jeweils anderen heimlich ganz gerne mag.
Eigentlich ist es erstaunlich, dass den Charakteren so viel Raum gegeben wird, wenn man bedenkt, dass in diesem relativ dünnen Roman eine ganze Menge passiert. Die geheimnisvolle Frau mit ihrer furchteinflößenden Waffe auf Ahmista, Soletas abenteuerliche Forschungsmission, das gefährliche Energiewesen im Warpkern - all das will irgendwie auf gerade mal 263 Seiten verteilt werden.
"Die Waffe" ist einer der wenigen Star Trek-Romane, die von mir aus gerne etwas umfangreicher hätten ausfallen können. Hinzu kommt, dass der Autor bei aller Erzählkunst mal wieder zu Storyelementen neigt, die man eher im Reich der Fantasy vermuten würde als in der Science Fiction (Highlander lässt grüßen). Sowohl das Energiewesen selbst, Soletas wundersame Erlebnisse in Ontears Höhle und die Begegnung mit den Prometheanern, bei denen wohl nicht nur ich automatisch an Q denken musste, strapazieren die Glaubwürdigkeit der Handlung. All dies wird aber so herrlich spannend, rätselhaft, tragisch, komisch, leichtfüßig und äußerst unterhaltsam präsentiert, dass das Lesen dieses Buches wieder mal ein reines Vergnügen ist. Dies ist ein weiterer Peter-David-Roman, den man als echten Page-Turner bezeichnen kann und der an keiner Stelle Langeweile aufkommen lässt. Am Ende bleiben noch einige Fragen offen, die dann aber hoffentlich (!) in den weiteren Werken der Reihe geklärt werden.
Fazit: Zwar ist "Die Waffe" nicht der tiefschürfendste Star Trek-Roman aller Zeiten, aber der enorme Unterhaltungswert, die hochinteressanten Beziehungskisten und die herrlichen Dialoge kaschieren die unbedeutenden Schwächen der Geschichte mühelos. Für mich ist dieser Roman noch einen Tick besser als "Zweifrontenkrieg" und damit bisher der stärkste Teil der Reihe. Ein Roman, der von vorn bis hinten einfach nur Spaß macht - was will man mehr?
P.S.: Das Cover von Cross Cult gefällt mir um Längen besser als das einfallslose Gruppenbildchen von Heyne, allerdings frage ich mich, was das eigentlich für ein Gegenstand sein soll, den Soleta da betrachtet. Im Buch ist von einer in den Fels eingelassenen Scheibe mit einem Durchmesser von ca. 15 cm die Rede. Auf dem Bild hingegen ist diese Scheibe mindestens einen halben Meter groß und sieht aus, als gehöre sie zu irgendeiner unterirdischen Apperatur.
4,5/5
Charaktere getroffen? ****
Spannung: ***
Humor: ***
Action: ***
Gefühl: ***
originelle Handlung? ****
Anspruch: **
Vorwissen nötig?
Es ist mit ein wenig gutem Willen sicher auch möglich, das Buch einzeln für sich zu lesen, aber viel schöner wäre es doch, die Vorgängerromane zu kennen.
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Hallöchen liebe Ameise :)
AntwortenLöschenIch hätte da mal eine schwerwiegende Fachfrag an dich...^^
Nach einer längeren Star Trek Roman Abstinenz war ich vor kurzem auf der Suche nach neuem Lesestoff. Da ich mich nun seit fast mehreren Jahren ein wenig um die New-Frontier Reihe gedrückt habe, scheint es nun soweit zus ein...;)
Nachdem ich zuletzt die Destiny-Triologie gelesen habe, die ich für sehr gut halte hatte ich einen kleinen Abstecher mit der Titan-Crew gemacht. Jetzt habe ich mit beiden Reihen allerdings ein paar Probleme und zwar hatte ich zum einen keine Lust mehr auf das postapokalyptische Schreckenszenario der nachfolgenden Destiny Romane, wie "den Frieden verlieren". Zum Anderen haben mich bei den Titan romanen immer die teils sehr exotischen Besatzungsmitglieder abgeschreckt, die meiner Meinung nach durch ihre Beschreibungen und das immer wieder ins Gedächtniss rufen der jeweiligen Eigenarten eine durchaus spannende Geschichte in meinen Augen sehr zäh erscheinen lassen.
Also habe ich mir vor ein paar Tagen spontan im Bahnhofsbuchandel den zweiten Teil "Zweifrontenkrieg" gegönnt. Leider gabs den ersten Teil dort nicht. Nachdem was ich über den ersten Teil gelesen habe, wird dort sehr ausführlich über die Hintergründe der Crew geschrieben und er dient wohl in erster Linie der Charaktereinführung. jetzt habe ich vor einiger Zeit mal einen ziemlich guten Comic in die Finger bekommen, der sich um die Excalibur Crew drehte und bin durch den eigentlich schon recht gut mit der Crew vertraut.
nach diesem kleinen Exkurs^^ zu meiner eigentlichen Frage: Was meinst du, ist es unter den o. g. Umständen und dem kleinen Backround durch den Comic möglich mit dem zweiten Band der Reihe zu starten oder ist der erste Teil unerlässlich fürs weitere Verstehen der Story? Fragen über Fragen... ;)
Liebe Grüße!
Carlito
Hallo Carlito,
AntwortenLöschenschön dass Du hier vorbeischaust! :-)
Der erste NF-Roman dient tatsächlich in allererster Linie dazu, die Figuren vorzustellen und einen groben Überblick über die Situation im Sektor 221-G zu bekommen, in dem die Excalibur unterwegs sein wird. Die Story selbst geht erst so richtig im zweiten Roman los. Zwar endet der erste Teil mit einem dicken Cliffhanger, aber ich denke, Du kriegst das schon hin, zumal Du ja buchstäblich schon eine bildliche Vorstellung über die Crew hast. Trotzdem kann ich Dir empfehlen, den ersten Teil irgendwann doch mal zu lesen, weil man da vor allem über Calhoun und auch über Si Cwan eine Menge erfährt.
P.S.: Der Comic würde mich auch mal interessieren, welcher ist es denn?
Beste Grüße,
Ameise
Servus :)
AntwortenLöschenJa, ich habe mich jetzt doch entschlossen erst den ersten Roman zu lesen, habe ihn bestellt und er sollte wohl Morgen bereits eintrudeln. :) Ein paar Seiten des zweiten Bandes ahbe ich auch schon versucht und es macht doch schon ein sehr guten Eindruck.
Der Comic heisst "Spiel auf Zeit" und ich habe gerade gesehen, dass es ihn relativ günstig zumindest ein Mal bei ebay gibt. Ob es denn noch über den normalen Buchhandel gibt weis ich leider nicht.
Wenn da gesteigerter Bedarf bestehen sollte, bin ic natürlich gerne bereit, dir das Heftchen leihweise zur Verfügung zu stellen... irgendwie^^
Beste Grüße!
Carlito
Moin Carlito,
AntwortenLöschenjetzt hast Du mich so neugierig gemacht, dass ich den Comic soeben bei Amazon bestellt habe (gebraucht). Trotzdem danke für das Angebot, das Heftchen auszuborgen! Noch vor ein paar Monaten wäre mir nicht im Traum eingefallen, einen New-Frontier-Comic zu kaufen, aber die Reihe ist bisher wirklich klasse und gehört in der Zwischenzeit zu den ST-Romanen, deren Veröffentlichung ich am ungeduldigsten entgegenfiebere. Vielleicht nehme ich ihn mir den Comic in nächster Zeit mal vor, um mir die Zeit zum nächsten Band ein bisschen zu verkürzen! :-)
Schön, dass Du jetzt doch den ersten Teil liest, der wird Dir bestimmt gefallen. Obwohl die eigentliche Handlung, sprich die Mission, ein wenig im Hintergrund steht, ist der Roman extrem kurzweilig und liest sich ganz locker weg. Viel Spaß beim Lesen!
LG Ameise