Willkommen auf meinem Star Trek-Blog! Seit ungefähr Anfang der 90er bin ich ein großer Star Trek-Fan, und irgendwann fing ich auch mal an, die Romane zu lesen. Dies soll ein Versuch sein, alle von mir geschriebenen Star Trek-Roman-Rezensionen einigermaßen kompakt zu präsentieren. Es würde mich freuen, wenn sich der eine oder andere bei meinen Bewertungen einen Tipp abholen kann. Wie man sehen kann, habe ich unter jede Rezension auch einzelne Aspekte wie Humor oder Spannung extra bewertet. Auch fehlte mir bei anderen Rezensionen immer der Hinweis, ob ein Star Trek-Roman auch für Nicht-Trekkies oder Neulinge geeignet ist oder nicht, deshalb gehe ich auch auf diesen Punkt ein.

Ich habe versucht, nicht allzuviel zu spoilern, aber absolute Spoiler-Allergiker möchte ich gleich darauf hinweisen, dass ich in fast jeder Rezi auch ein wenig auf den Inhalt des Buches eingehe. Ich finde es immer witzlos, wenn man rein gar nichts über das Thema eines Buches erfährt.

Ein Wort noch zu den verwendeten Fotos: Ich hätte die Cover auch einscannen können, fand aber die Idee mit den Fotos irgendwie schöner, gerade weil sie so dilettantisch aussehen ;-)
Kommentare, Tipps oder auch Rezensionswünsche sind jederzeit willkommen!

Und nun viel Spaß beim Stöbern!

Mittwoch, 16. Februar 2011

Zweifrontenkrieg

Peter David

New Frontier Nr. 2, erschienen bei Cross Cult

(314 S., Original: The Two-Front War, End Game)

"Ich würde diese Schweinehunde gerne aus dem Weltraum pusten!"

Der allererste Satz dieses Buches, gesprochen natürlich von Haudrauf-Captain Mackenzie Calhoun, lässt bereits die ungefähre Richtung der Handlung erahnen. Der zweite "New Frontier"-Band legt nämlich gegenüber dem Vorgänger enorm an Action zu, und dank des Cliffhanger-Endes wird der Leser ohne Umschweife mitten ins Geschehen geworfen.

Die Excalibur, die kurz zuvor die Passagiere eines flugunfähigen Flüchtingsschiffs aufgenommen hatte, wird von einem nelkaritischen Raumschiff bedroht. Die heikle Situation erhält eine überraschende Kehrtwendung, als die sich die Kommandantin und Sprecherin der Nelkariten nach ihrer Kapitulation bereit erklärt, den Flüchtlingen Exil zu gewähren. Calhoun traut dem Frieden nicht, die überglücklichen Flüchtlinge jedoch nehmen das Angebot an und lassen sich auf den nahen Heimatplaneten der Nelkariten beamen. Natürlich war das Misstrauen des Captains gerechtfertigt, denn das angebliche Exil entpuppt sich als Falle. Die Nelkariten fordern Sternenflottentechnologie gegen das Leben ihrer Geiseln, und Calhoun muss erkennen, dass sie es todernst meinen.
Unterdessen sind der ehemalige thallonianische Thronfolger Si Cwan und der Sicherheitschef Zak Kebron in Gefangenschaft geraten. Beide werden nach Thallon gebracht, wo Cwan wegen Mordes der Prozess gemacht werden soll. Allerdings hat nicht er den Mord begannen, sondern Calhoun...

Alter Schwede, geht es hier zur Sache! Diesem Werk kann man bestimmt nicht vorwerfen, an irgendeiner Stelle zäh oder langatmig zu sein. Zugegeben, Peter David Zutaten sind sowohl bewährt als auch vergleichsweise simpel: Viel Action, hier und da ein paar blutige Szenen, reichlich Humor, ein bisschen Sex und der klassische Showdown. Aber hey - es funktioniert bestens! Bestes Beispiel hierfür ist der Handlungsstrang, der sich mit Cwans und Kebrons Gefangennahme beschäftigt. Unzählige Male haben wir so etwas schon gesehen oder gelesen: Man schicke zwei völlig verschiedene Typen auf eine gemeinsame Mission, lasse sie nach Herzenslust streiten, bis irgendwann der Moment kommt, an dem sie sich gegenseitig den Hintern retten müssen. Nein, originell ist die unfreiwillige Zusammenarbeit zwischen Si Cwan und der Ein-Mann-Armee Kebron nicht unbedingt, macht aber ungeheuren Spaß zu lesen.

Während bei den Cwan/Kebron-Szenen der Humor überwiegt, geht es im Calhoun-Handlungsstrang deutlich düsterer und spannender zu. Der Captain muss hier seine erste große Bewährungsprobe als Kommandant der Excelsior bestehen und trifft mit der Nelkaritin Laheera auf eine Gegnerin, die mindestens genauso kaltschnäuzig ist wie er selbst. Schließlich darf Mac Calhoun am Ende noch mal voll und ganz M'k'n'zy sein und in einem Zweikampf auf Leben und Tod eine alte Rechnung begleichen. Seltsamerweise läuft er nie Gefahr, unsympathisch rüberzukommen, obwohl er sich (jedenfalls im zweiten New-Frontier-Roman) als eine Art Supercaptain erweist, dem einfach alles gelingt. Als perfektes Gegengewicht zum unkonventionellen Raubein Calhoun erweist sich die Musteroffizierin Shelby, und die Dialoge zwischen den beiden sprühen nur so vor Wortwitz und Sarkasmus. Man darf gespannt sein, wie sich das Verhältnis zwischen den beiden weiterentwickelt!

Erfreulicherweise erweist sich der Roman nicht ausschließlich als literarisches Popkornkino, sondern gibt dem Leser die Möglichkeit, das Seelenleben der Hauptpersonen genauer kennenzulernen. In "Zweifrontenkrieg" konzentriert sich Peter David vor allem auf die vulkanische Ärztin Dr. Selar. Diese hat ein kleines Problem: Unerwartet und fünf Jahre zu früh kündigt sich ihr Pon Farr an. Weil die gute Selar normalerweise selbst nach vulkanischen Maßstäben ein Musterbeispiel an Logik und Selbstdisziplin ist, stellt es für den Leser ein fast schon voyeuristisches Vergnügen dar, wie sich ihre emotionslose Fassade langsam in Luft auflöst und Selar widerwillig erkennen muss, dass es zwischen ihr und Burgoyne 172 gewaltig knistert. Der Autor beweist großes Einfühlungsvermögen an der Stelle, als Selar bewusst wird, dass sie nicht nur einen Liebhaber braucht, sondern auch eine gute Freundin. Die unbeholfene Art und Weise, wie die Ärztin sich zu diesem Zweck ihrer halbvulkanischen Kollegin Soleta anvertraut, lässt sie wesentlich verletzlicher erscheinen als ihr bloßes Bedürfnis nach Sex. Dieser leise Moment ist für mich die stärkste Szene inmitten des Actionspektakels!

Die Seiten vergingen wie im Flug und ich war mir schon sicher, dass ich dem Roman die volle Punktzahl geben würde - und dann kam das Ende. Okay, in Peter-David-Romanen gab es schon einige haarsträubende Dinge zu lesen, sei es der mampfende Borgkubus aus "Heldentod", der Zweikampf zwischen Picard und Locutus auf einem fahrenden Güterzug in "Ich, Q" oder die zombiehafte Klon-Armee in "Die Tochter des Captain". Aber DAS hier übertrifft an Absurdität wirklich alles. Wer es gelesen hat, wird wissen, was ich meine. Und ja, ich habe natürlich die Anspielung auf Gene Roddenberry verstanden -  ich find's trotzdem albern. Aus diesem Grund ging der sicher geglaubte fünfte Punkt leider flöten.

Fazit: "Zweifrontenkrieg" ist der unterhaltsamste und temporeichste Star Trek-Roman, den ich in den letzten Monaten gelesen habe. Ich brauchte nur einen Tag dafür, und das soll bei meinem üblicherweise eher langsamen Lesetempo wirklich etwas heißen. Wenn der lächerliche Schluss nicht wäre, hätte der Roman leicht einer meiner absoluten Favoriten sein können. Mein Tipp: Einen Tag lang alle Termine sausen lassen, Füße hoch, etwas zum Knabbern in Reichweite und das Buch genießen - und nach 300 Seiten aufhören zu lesen.

4/5


Charaktere getroffen? ***
Spannung: *****
Humor: ***
Action: *****
Gefühl: ***
originelle Handlung? **
Anspruch: **

Vorwissen nötig? Klar, dass Band 1 Pflicht ist.

3 Kommentare:

  1. Wunderbare Rezension!
    Ich hatte jedenfalls meinen Spaß beim Lesen deiner Einschätzung. Allerdings find ich einen großen Weltraumvogel auch nicht viel abwegiger als einen Supergott namens Q oder Propheten, die in einem Wurmloch leben und ebenfalls als Götter verehrt werden.
    Das ist halt Davids Fantasie: Sie schlägt mitunter verworrene Wege ein und trägt schonmal zwei Lagen dicker auf, als gerade noch so denkbar wäre...

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  2. Vielen Dank für das Lob!

    Klar gebe ich Dir recht, das Superwesen à la Q auch nicht besonders glaubhaft sind. Aber trotzdem konnte ich kaum fassen, was ich da las (Spoilerwarnung an die Mitleser!): Der ehemalige Hauptplanet eines ganzen Imperiums wird zerstört, weil er nichts weiter ist als ein riesiges Vogelei?!? Das war sogar einer Hobby-Ornithologin wie mir zuviel! Und überhaupt: Wieso kann das frisch geschlüpfte "Küken" eigentlich sofort fliegen? ;-)

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  3. Nein, die wirkliche Frage muss doch lauten, wie er im Vakuum des Weltall Luftwiderstand nutzen kann, um das Flügelschlagen zu rechtfertigen!
    Ich finds wirklich witzig, dass wir so widersprüchliche Kritikpunkte haben - ein Grund meer für einen Austausch. Also:

    Sie haben Post!

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