Peter David
New Frontier Nr. 1, erschienen bei Cross Cult
(310 S., Original: House of Cards / Into the Void)
Auf dem Planeten Xenex kann sich die einheimische Bevölkerung unter der Führung des erst 19jährigen M'k'n'zy von Calhoun aus der Knechtschaft durch die technisch überlegenen Danteri befreien. Kurz darauf macht M'k'n'zy Bekanntschaft mit dem damaligen Stargazer-Captain Picard, der sofort das Potenzial des jungen Mannes erkennt und ihn überredet, in die Sternenflotte einzutreten.
20 Jahre später: Das Thallonianische Imperium kontrollierte einst den gesamten Sektor 221-G, aber seit seiner Zerschlagung herrschen dort chaotische Zustände. Die Sternenflotte beschließt, ein Raumschiff in dieses Gebiet zu entsenden, um sich ein Bild über die Lage zu verschaffen und humanitäre Hilfe zu leisten. Bei der Wahl nach einem geeigneten Captain wirft Picard seinen ehemaligen Schützling ins Rennen. Dieser nennt sich in der Zwischenzeit Mackenzie Calhoun und ist einigermaßen mit dem Sektor 221-G vertraut, da sich sein Heimatplanet Xenex an dessen Grenze befindet. Picards Vorschlag stößt vor allem bei Admiral Jellico auf wenig Gegenliebe, entspricht der raubeinige Haudegen Calhoun so gar nicht dem Idealtyp eines mustergültigen Sternenflottenoffiziers. Auch wenn sich Jellico geschlagen geben muss, kann er dennoch einen kleinen Triumph feiern, indem er seine eigene Favoritin Elizabeth Shelby als Ersten Offizier einsetzt. Nachdem sich die, wie Calhoun es ausdrückt, "zusammengewürfelte" Crew eingefunden hat, kann die Reise der Excalibur beginnen, aber der Start gestaltet sich von Anfang an holprig...
Da ist sie also, die Cross-Cult-Variante jener Romanreihe, die ich bisher mehr oder weniger ignoriert habe. "New Frontier" war völliges Neuland für mich, denn die Heyne-Ausgaben habe ich nie gelesen, und die Originale schon gar nicht. Beim Lesen stellte ich dann zu meinem Erstaunen fest, dass die wenigsten Figuren in diesem Roman wirklich neu waren. Wie es für einen Star Trek-Ableger fast schon Tradition ist, erhält die neue Serie im ersten Teil Starthilfe von vertrauten Charakteren wie der TNG-Crew, Spock, Jellico und Nechayev. Abgesehen von diesen "Gaststars" finden sich auch innerhalb der Excalibur-Stammbesetzung mit Elizabeth Shelby, Dr. Selar und Robin Lefler gleich drei bekannte Gesichter aus The Next Generation. Angenehm überrascht war ich von der Tatsache, dass zur Crew auch drei Mitglieder gehören, die schon in Peter Davids Kadetten-Dreiteiler "Worfs erstes Abenteuer", "Mission auf Dantar" und "Überleben" mit von der Partie waren. Da soll noch einer behaupten, die Kadettenromane würden sich nicht lohnen!
Der erste Teil des Romans, "Kartenhaus", widmet sich in erster Linie den Charakteren. Wie es für viele seiner Romane typisch ist, entführt Peter David den Leser in die Vergangenheit, um die Vorgeschichte des zukünftigen Excalibur-Captains und einiger anderer Charaktere zu erzählen. Diese Geschichten sind so spannend geschrieben, dass man sich nur schwer vom Roman losreißen kann. Sehr unterhaltsam liest sich auch die Debatte über das Pro und Contra der Ernennung Calhouns zum Captain der Excalibur.
Auch im zweiten Teil, als das eigentliche Abenteuer beginnt, besteht die größte Stärke des Romans aus dem Konfliktpotenzial, das die Figuren mitbringen. Am interessantesten ist sicherlich die Beziehung zwischen dem ruppigen Calhoun, der meistens auf die Regeln pfeift, und der ehrgeizigen und extrem "sternenflottigen" Shelby. Diese Konstellation wird sicher in der Zukunft noch für reichlich Zündstoff sorgen! Auch eine echte Buddy-Story darf nicht fehlen, als ausgerechnet der stoische Sicherheitschef Zak Kebron und der blinde Passagier Si Cwan auf eine gemeinsame Mission geschickt werden, obwohl sie sich nicht ausstehen können. Als krassen Kontrast dazu kann man eine witzige Szene mit der TNG-Crew erleben, die noch mal die typisch familiäre Atmosphäre der Serie aufkommen lässt. Diese Charaktermomente sind weit interessanter als die eigentliche Haupthandlung, die sich um die Begegnung mit einem abgeschossenen Flüchtlingsschiff dreht.
Bei Peter Davids Romanen kann man eigentlich immer bedenkenlos zugreifen, da kaum ein anderer Star Trek-Autor so unterhaltsame Geschichten liefert wie er, ohne in irgendeiner Form die Charaktere zu vernachlässigen. Auch in ruhigen Momenten kommen eigentlich nie Längen auf. Manchmal jedoch erscheinen einige Dinge ein wenig hanebüchen.
Erstens: Xenex gehört nicht gerade zu den Planeten, die häufig Besuch von der Sternenflotte erhalten. Welch ein grandioser Zufall, dass es ausgerechnet Picard hierher verschlägt, der in dem jungen M'k'n'zy den geborenen Sternenflottenoffizier erkennt, obwohl dieser ihm von der Art her kein bisschen ähnelt.
Zweitens: So sehr ich Spock auch mag, dient sein Auftritt ein wenig zu auffällig dem Zweck, den Roman zu "veredeln". Zur Handlung trägt er jedenfalls nicht unbedingt bei.
Drittens: Wieso müssen Calhoun und Shelby unbedingt ein ehemaliges Liebespaar sein? Ihre völlig unterschiedlichen Auffassungen von Sternenflottenregeln, gepaart mit ihren egozentrischen Persönlichkeiten, bieten eigentlich genug Konfliktstoff. Dass sie beide auch noch verlobt waren, wirkt ein wenig an den Haaren herbeigezogen.
Fazit: Trotz der angesprochenen kleinen Schwächen ist "Kartenhaus" ein packender Roman, den ich mit dem größten Vergnügen gelesen habe. Auch wenn die Geschichte im zweiten Teil ein wenig abfällt, ist die Handlung mit all ihren interessanten Charakteren so vielversprechend, dass man eigentlich nichts lieber tun möchte, als sofort den nächsten Band zu lesen - dem Cliffhanger-Ende sei Dank!
4,5/5
Charaktere getroffen? ****
Spannung: **
Humor: ***
Action: **
Gefühl: ***
originelle Handlung? ***
Anspruch: ***
Vorwissen nötig?
Ich denke, trotz der vielen bekannten Figuren kann man sich als Neuling durchaus mal an der neuen Serie versuchen. Freilich sollte man dann am Ball bleiben und auch die Nachfolgeromane lesen...
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Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenMoin Ameise,
AntwortenLöschenUm Dir die Mühe zu ersparen, habe ich meinen Beitrag mal einfach selbst gelöscht. Der war aus einer zu kurzen Mittachspause heraus geboren und zeugte zu deutlich davon, kurz angebunden zu sein. Also, auf ein Neues!
Im Grundegenommen war ich ein wenig verwundert, dass in Deinem Fazit einige Misstöne mitschwangen und dass dabei dennoch 4,5 Punkte für das Buch heraussprangen. Vielleicht interpretiere ich da abba auch irgendetwas aus der Warte eines strengen Kritikers hinein.
Oder waren das Vorschusslorbeeren?
Der Punkt, wo ich nicht mit Dir übereinstimmen kann (neben dem Cover selbstverständlich) ist allerdings die ehemalige Beziehung zwischen Shelby und Mackenzie. Ich denke, dass es in einer so großen Organisation wie der Sternenflotte eher normal sein dürfte, dass die Offiziere untereinander Beziehungen knüpfen, die irgendwann in die Brüche gehen (Riker und Troi, Ezri und Bashir oder Archer und Hernandez). Das man sich dann irgendwann nocheinmal über den Weg läuft, ist abzusehen und schon irgendwo aus dem waren Leben gegriffen. Ich find es eher schlimm, dass nicht öfter derlei Probleme thematisiert werden, denn auf einem Schiff mit tausend man Besatzung (TNG) sollte so etwas öfter vorkommen.
Ach ja, fragen wollte ich auch noch, ob du nicht Lust und Laune hast, auf die FedCon zu reisen. Immerhin ist David Mack dort (neben Marina Sirtis, Robert Duncan McNeil, Garret Wang oder Wil Wheaton) und ich würde es irgendwie witzig finden, uns in diesem Rahmen mal auszutauschen (zumal das mit dem geplanten Treffen aller Lovelybooksmitglieder ohnehin nicht zu funktionieren scheint)...
Ich würd mich jedenfalls freuen, wenn wir uns mal a natura über Romane streiten könnten.
Hallo Turon,
AntwortenLöschenbitte entschuldige meine späte Antwort auf Deinen Kommentar, aber ich hatte beruflich einiges um die Ohren und war abends entsprechend viel zu müde, um mehr als ein paar Minuten online zu sein.
Die 4,5-Punkte-Wertung bedeutet bei mir in Worten "toll, trotz kleiner Mängel" und ist meiner Meinung nach völlig angemessen. Die beschriebenen Kritikpunkte betreffen die Anhäufig einiger merkwürdiger Zufälle in diesem Roman, die mir ein bisschen zu weit hergeholt scheinen. Das sind aber wirklich nur Kleinigkeiten, denn zum allergrößten Teil hat mich das Buch bestens unterhalten. Gerade wenn man bedenkt, dass es sich sozusagen um eine Pilotfolge in Buchform handelt und die Handlung zugunsten der Einführung neuer Charaktere erstmal im Hintergrund steht, schlägt sich der "New Frontier"-Erstling mit Bravour.
Dein Angebot, uns im Rahmen der FedCon mal in natura miteinander auszutauschen, freut mich sehr, und tatsächlich halte ich es für eine tolle Idee! Ich war noch nie auf einer Convention und hatte komischerweise bisher auch eher mäßiges Interesse, mal selbst so eine Veranstaltung zu besuchen. Conventions waren für mich etwas für die Hardcore-Fans (wobei ich niemanden auf den Schlips treten möchte), aber spätestens seitdem ich diesen Blog betreibe, muss ich mir wohl eingestehen, dass ich wohl auch zu dieser Kategorie gehöre! ;-)
Habe schon mal bei der FedCon-Seite nachgeguckt und bin (nachdem ich erstmal den Schock über die Hotelpreise verdaut habe) wirklich angetan von dieser Idee. Bitte sag mir doch Bescheid, an welchem Tag Du dort auftauchen möchtest, am besten mit einer PN bei lovelybooks.