Michael A. Martin, Andy Mangels
Enterprise Nr. 1, erschienen bei Cross Cult
(331 S., Original: The Last Full Measure)
Sieben Millionen Menschen ließen ihr Leben, als die Xindi aus heiterem Himmel die Erde angriffen. Da die Waffe, die das Massaker anrichtete, nur der Vorläufer für eine zweite, stärkere Version war, sucht die Enterprise-Crew fieberhaft nach der Heimatwelt der Xindi, um den Bau dieser Superwaffe zu verhindern. Unterstützung sollen die Sternenflotten-Offiziere durch die MACOs, kampferprobten Elitesoldaten, bekommen. Unter Archers Kommando begibt sich ein Außenteam per Fähre zum Raumhafen des Planeten Kaletoo, der regelmäßig von den Xindi aufgesucht wird. Währenddessen spürt man auf der Enterprise eine Abgasspur auf, die höchstwahrscheinlich von den Xindi stammt. Also startet Mayweather in Begleitung einiger MACO-Soldaten mit der zweiten Fähre, um diese Spur zu verfolgen...
Der erste Enterprise-Roman aus dem Hause Cross Cult ist ein Buch, in dem unheimlich wenig passiert. Ich kann mich nicht entsinnen, jemals einen Star Trek-Roman mit so wenig Handlung gelesen zu haben. Man sucht und sucht und jagt schließlich ein Treibstofflager der Xindi in die Luft, und das war's! Die Tatsache, dass die Story genau zwischen zwei aufeinanderfolgenden Episoden stattfindet (nämlich "Die Xindi" und "Die Anomalie"), lässt den Autoren halt extrem wenig Spielraum. Wollte man die Handlungsdichte in Romanen anhand einer Skala bewerten, läge "Das höchste Maß an Hingabe" bei 1 und der Uralt-Roman "Schwarzes Feuer" als anderes Extrem bei 10.
Was findet sonst noch statt? Nun, ein Teil der Besatzung fällt ins Koma und wacht irgendwann wieder auf. Bedeutender ist allerdings etwas anderes: Das Außenteam um Captain Archer bekommt einen Händler in die Finger, der vermutlich mit den Xindi Geschäfte gemacht hat. Da dieser sich nicht gerade kooperativ verhält, sieht Archer keinen anderen Weg, als die Information aus dem Mann herauszuprügeln. Und das ist ein Aspekt, der mir absolut gegen den Strich geht. Auch wenn immer wieder betont wird, wie sehr Archer sich selbst dafür hasst und sich einzureden versucht, dass der Zweck die Mittel heiligt - das Letzte, was ich sehen oder lesen möchte, sind folternde Sternenflottenoffziere. Punktum.
Auf Grund der dünnen Handlung bleibt den Autoren praktisch nichts anderes übrig, als sich auf die Charaktere zu konzentrieren. Die Quintessenz dieses Romans kann man getrost mit "Sternenflotte vs. MACOs" zusammenfassen. Bereits in der Serie wurde überdeutlich, dass sich die Sternenflottenoffziere (abfällig "Zierfische" genannt) und die MACOs nicht besonders gut leiden können. Hier wird dieser Konflikt noch stärker herausgearbeitet, was am Anfang durchaus noch ganz interessant ist. Leider zieht sich dieses Thema permanent durch die gesamte Handlung, wird endlos ausgewalzt und bis zur Schmerzgrenze durchgekaut. Man ahnt sowieso von Beginn an, was kommen muss: Am Ende haben sich alle lieb, zumindest ein bisschen mehr als vorher. Die Kadettenromane lassen grüßen.
Bleiben wir noch ein wenig bei den MACOs. Als "Enterprise" im Fernsehen startete, fand ich den Großteil der Sternenflottenoffiziere eigentlich schon zu patriotisch, zu zackig, eben zu militärisch. Da haben mir diese kadavergehorsamen MACO-Militärhirnis mit chronischer Testosteron-Überproduktion wirklich noch gefehlt. Dementsprechend stößt die starke Konzentration auf das gespannte Verhältnis zwischen den "Haien" und den "Zierfischen" bei mir auf wenig Gegenliebe. Vor allem dann nicht, wenn ihnen Dialoge in den Mund gelegt werden, die direkt aus drittklassigen Actionfilmen zu stammen scheinen. Von Phrasen wie "Ich werde tun, was ich tun muss" oder "Sehen Sie zu, und lernen Sie" habe ich für Jahre genug. Ganz zu schweigen von Hintern, die versohlt, gerettet, aus der Schusslinie gezogen oder was auch immer werden. Nein, als Sympathieträger taugen die MACOs wirklich nicht, das gleiche gilt (zumindest in diesem Roman) auch für Folter-Archer. Mayweather hat hier mal mehr zu tun als üblich, er ist sogar die Hauptperson, bleibt aber so fade wie eh und je. Einzig Malcolm Reed kann ein paar Sympathiepunkte sammeln, indem er Archer auf den Kopf zusagt, dass er dessen Verhörmethoden nicht gutheißt. In einem schönen Rückblick in Reeds Kindheit und Jugend erfahren wir, dass seine kategorische Ablehnung jeglicher Folter durchaus einen persönlichen Hintergrund hat. Das ist vielleicht der beste Moment im gesamten Roman (der nur durch einen dusseligen Schreibfehler getrübt wird: "seinen schlafen Körper" - aaaargh!)
Habe ich eigentlich schon die Handlungsarmut erwähnt? Sie bringt nämlich noch einen weiteren unangenehmen Nebeneffekt mit: das "Wenig-Inhalt-muss-auf-möglichst-viele-Seiten-verteilt-werden"-Syndrom. Also wird geredet. Und geredet. Auch wenn in dreißig Sekunden alles in die Luft zu fliegen droht, wird immer noch diskutiert und argumentiert, was das Zeug hält. Und um noch ein paar mehr Seiten zu füllen, greifen die Autoren auf ständige Wiederholungen zurück. X-Mal ärgert sich Corporal Chang darüber, dass er in der Schwerelosigkeit nicht annähernd so gut zurechtkommt wie Mayweather. Dieser wiederum beruft sich alle Nase lang auf T'Pols Befehl, "angemessen, logisch und vernünftig" zu handeln. Man sollte sich wirklich mal den Spaß machen, eine Strichliste zu führen! Als Krönung des Ganzen ist das neunzehnte und letzte Kapitel wenig mehr als eine Zusammenfassung dessen, was vorher im Buch geschehen ist. Wenn man also Zeit sparen möchte, reicht es aus, dieses eine Kapitel zu lesen!
Aber halt, es geht noch weiter - nämlich mit dem Epilog. Wer empfindlich gegen Spoiler ist, sollte jetzt aufhören zu lesen, aber das MUSS jetzt einfach raus: Trip wird am Ende der 4. Staffel gar nicht sterben! Und nein, der Roman entstand nicht vor dem Serienfinale, sondern erst danach. Ich kann nicht ganz nachvollziehen, wieso sich die Autoren zu diesem massiven Eingriff in den Kanon entschlossen, zumal es absolut nichts zur Handlung des Romans beiträgt. Trip tut im Buch fast die ganze Zeit über nichts weiter, als bewusstlos auf der Krankenstation zu liegen, und wird gegen Ende mal eben aus dem Totenreich geholt? Was sollte das?
Bei soviel Geschimpfe muss ich aber zumindest noch lobend erwähnen, dass der Roman nie wirklich langweilig wird, obwohl eigentlich kaum etwas passiert. Manchmal kommt sogar so etwas wie Spannung auf. Dafür gibt es am Ende noch ein Zusatzpünktchen, aber mehr ist leider nicht drin.
Fazit: In Ansätzen unterhaltsam, aber die Hälfte der Seiten hätte es auch getan. Freilich wäre es dann ein sehr dünner Roman geworden, wenn auch ein ungleich besserer.
2/5
Charaktere getroffen? ***
Spannung: **
Humor: **
Action: ****
Gefühl: **
originelle Handlung? *
Anspruch: *
Vorwissen nötig?
Vieles kann man sich zusammenreimen, sofern man (wie ich übrigens auch) kein Enterprise-Experte ist. Große Ansprüche stellt der Roman also nicht an den Leser.
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Das Buch habe ich noch nicht in meinem Besitz. Ich hinge sowieso mit dem Lesen hinterher.
AntwortenLöschenHallo, ich habe zum zweiten Mal meine "Favorite Blogs" ausgezeichnet und ich habe deinem Blog eine Auszeichnung verliehen. Guckst du hier -> http://chogaramirez.wordpress.com/2011/05/26/my-favorite-blog-part-two/.
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