Michael Jan Friedman
TNG, erschienen bei Cross Cult
TNG, erschienen bei Cross Cult
(352 S., Original: Death in Winter)
"Tod im Winter" wurde von Fans der Next Generation sehnsüchtig erwartet. Fünf lange Jahre wurde kein neuer TNG-Roman in Deutschland aufgelegt, nun war es endlich so weit. Entsprechend groß waren meine Erwartungen - und leider wurden sie enttäuscht.
Nach den Ereignissen von "Nemesis" ist auf der Enterprise E nichts mehr so, wie es vorher war. Auch die vertraute Stammbesatzung wurde reichlich dezimiert: Data ist tot, Will Riker, Deanna Troi und Beverly Crusher haben das Schiff verlassen. Kein Wunder also, dass Picard ziemlich melancholisch gestimmt ist - besonders der Weggang von Dr. Crusher macht ihm mehr zu schaffen als erwartet. Diese befindet sich derweil auf dem unwirtlichen Planeten Kevratas, dessen Bewohner von einer tödlichen Seuche befallen sind und zudem auch noch unter romulanischer Herrschaft stehen. Kaum ist Beverly auf dem Planeten angekommen, wird sie auch schon von einer alten Bekannten gefangengenommen: der Halbromulanerin Sela. Als Picard erfährt, dass Beverly vermisst wird, macht er sich mit zwei alten Freunden aus Stargazer-Tagen auf die Suche...
Meine Güte, was ist bloß mit Picard passiert? Er, der immer so souverän war, kühl, mit messerscharfen Verstand ausgestattet, ein brillianter Taktiker? Er, der schon so viel einstecken musste, und dennoch irgendwie damit fertig wurde und nur selten mal sein Innerstes preisgab? Alles vorbei. In diesem Buch jedenfalls ist er dermaßen gefühlsduselig, dass ich schon bald genervt die Augen verdrehte. In der Serie und den Filmen war schon ein gewisses Knistern zwischen Jean-Luc und Beverly zu spüren, aber ich hatte nie den Eindruck, dass die beiden sich vor Verlangen förmlich verzehren. Aus diesem Grund ist es schwer nachzuvollziehen, dass sich Picard plötzlich wie ein verknallter Teenager aufführt.
Der Autor kramt tief in der Mottenkiste und zaubert haufenweise bekannte Charaktere hervor (oder auch mir unbekannte Figuren, die man aber aus irgendwelchen anderen Romanen kennen soll), übertreibt damit aber gewaltig. Besonders der Auftritt eines gewissen Admirals trug überhaupt nicht zur Handlung bei und war somit eher ärgerlich als erfreulich. Von den vielen Figuren, die hier auftraten, kam nicht eine einzige halbwegs überzeugend rüber. Auch die vielen kleinen romulanischen Intrigen sind eher nervig als interessant und wurden in anderen Romanen schon viel spannender beschrieben. Insgesamt war mir der Schreibstil viel zu simpel. Die gesamte Story war dermaßen schnulzig, dass ich mich manchmal vor lauter Schwulst regelrecht schütteln musste. Besonders das Ende war eher etwas für die Fans von Cecilia Ahern als für Trekkies.
Um zumindest etwas Positives zu sagen: Es war ganz nett, ein paar Anekdoten aus Beverlys Jugend zu erfahren, und auch der vom Schnee bedeckte Planet Kevratas war recht reizvoll. Ansonsten gilt: Wer schon das Cover kitschig findet, der sollte gar nicht erst den Roman lesen.
Dann doch lieber einen der alten Romane lesen, von denen viele um Längen besser sind!
1,5/5
Charaktere getroffen? **
Spannung: *
Humor: **
Action: **
Gefühl: ****
originelle Handlung? *
Anspruch: **
Vorwissen nötig?
Ja, ohne Vorwissen geht es nicht. Man sollte fleißig TNG gesehen haben. Außerdem setzt Herr Friedman mal eben voraus, dass wir noch einige andere Romane aus seiner Feder kennen, wie z.B. "Wieder vereint" und die hierzulande nie erschienene Stargazer-Reihe.
Liebe Frau Wiedemann,
AntwortenLöschenich bin über Amazon.de auf ihre Rezensionen aufmerksam geworden und finde diese sehr treffend und geistreich!
Immer wenn ich einen Star Trek - Roman anschaue, lese oder ihn rezensiere schaue ich mir an was Sie dazu zu sagen hatten :)
Ich persönlich finde aber auch das Rezensionen immer ein wenig von der aktuellen Befindlichkeit des Lesers abhängen. "Tod im Winter" habe ich ganz entspannt in den Semesterferien gelesen und so grausam wie er bei Ihnen wegkommt empfand ich den Roman gar nicht. Trotzdem habe ich von einem TNG-Relaunch mehr erwartet ...
Wie dem auch sei - machen Sie weiter so!
Viele Grüße
Martin a.k.a "Thorben Sommer"
Hallo Martin,
AntwortenLöschenerstmal vielen Dank für das Lob! Es freut mich sehr, dass meine Rezensionen bei Dir (ich bin mal so frei und duze einfach) so gut ankommen. Klar hängen Rezensionen auch bei mir immer von der jeweiligen Stimmung ab - meine Bewertungen sind grundsätzlich reine Bauchentscheidungen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass mich dieser Roman ganz einfach auf dem falschen Fuß erwischt hat.
Ich habe mir ebenfalls Deine eigene, übrigens sehr gut auf den Punkt gebrachte, Rezension zu diesem Roman auf Amazon durchgelesen und kann Deiner Zusammenfassung nur zustimmen, außer dass ich auch mit der Romulaner-Story nichts anfangen konnte.
Liebe Grüße,
Kerstin alias Ameise
Das beste an Tod im Winter waren die kevratanischen Holztüren. ;)
AntwortenLöschenOh ja, weit und breit kein Baum auf dem Planeten, aber dafür schicke Holztüren. Vielleicht waren die importiert...?
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