David Mack
Destiny 1, erschienen bei Cross Cult
(419 S., Original: Destiny: Gods of Night)
Um ehrlich zu sein: Im Grunde bin ich kein Crossover-Fan. Zu oft ist die Handlung an den Haaren herbeigezogen, um die Helden der verschiedenen Serien aufeinandertreffen zu lassen. Ein anderer häufiger Schwachpunkt liegt darin, dass eine große Anzahl an Personen in der Geschichte untergebracht werden muss, von denen die meisten zu kurz kommen. Als ich erfuhr, dass "Destiny" ein Mega-Crossover der Serien Enterprise, TNG, DS9 und Titan darstellen würde, war meine erste Reaktion deshalb ein resigniertes "och nöööö...."
Teil 1 der "Destiny"-Trilogie bietet allerdings noch keine echten Überschneidungen der Serien, vielmehr laufen die einzelnen Handlungsstränge nebeneinander her, ohne dass ein Bezug zueinander auf den ersten Blick ersichtlich wäre.
Zum Inhalt: Bei einer Expedition auf einem Planeten im Gamma-Quadranten stößt die Defiant-Crew auf das Wrack der Columbia NX-02, die vor über 200 Jahren unter dem Kommando von Captain Erika Hernandez verscholl. Besonders Jadzia Dax ist als Wissenschaftsoffizier von dem Fund fasziniert, zumal es in dem Wrack spuken soll. Leider verhindert das Auftauchen zweier Jem'Hadar-Kriegsschiffe eine nähere Erforschung. Erst acht Jahre später erhält sie mit ihrem nächsten Wirt Ezri Dax eine zweite Chance, ihres Zeichens Captain des hochmodernen Forschungsschiffes Avantine. Wie sich herausstellt, ist der "Spuk" an Bord der Columbia noch nicht vorbei: Zwei Mitglieder der Avantine werden bei der Untersuchung des Wracks auf brutale Weise getötet.
Wie die Columbia überhaupt in den Gamma-Quadranten geriet, beschäftigt auch die Crew eines anderen Forschungsschiffes, nämlich der U.S.S. Titan unter dem Kommando von Captain William T. Riker. Des Rätsels Lösung könnten Transwarpkanäle sein, wie ihn auch die Borg für einen schnellen Transport in den Föderationsraum nutzen.
Das Schicksal der Columbia bleibt für die Mannschaft der Titan und Avantine zunächst ein Rätsel, im Gegensatz zum Leser, der in einem weiteren Handlungsstrang die Vorgeschichte des alten Erdenschiffes erfährt. Im Jahre 2156 konnte es sich in einem gewagten Manöver vor der drohenden Zerstörung durch die Romulaner retten. Durch den Verlust der Warpenergie dauerte es ganze 12 Jahre, bis man endlich den nächsten bewohnbaren Planeten erreichte. Dessen Bewohner, die Caeliar, erwiesen sich als pazifistisches und technisch sehr weit fortgeschrittenes, aber extrem xenophobisches Volk. Um ihre Existenz geheimzuhalten, hinderten die Caeliar die menschlichen Besucher am Verlassen des Planeten. Während sich Captain Hernandez mit der Situation abzufinden schien, beschlossen die MACO's an Bord der Columbia, sich mit allen Mitteln den Weg in die Freiheit zu erkämpfen.
Der vierte Handlungsstrang führt uns auf die Enterprise, wo Picard alles versucht, um sich den Borg entgegenzustellen. Diese haben sich in der Zwischenzeit völlig von ihrer Strategie des Assimilierens verabschiedet und führen nunmehr einen gnadenlosen Vernichtungskrieg gegen die Welten der Föderation. Da nur die Enterprise über Transphasentorpedos als einzig wirksame Waffe gegen die Borg verfügt, eilt die Enterprise von Schlacht zu Schlacht gegen die scheinbar übermächtigen Maschinenwesen. Manchmal kommt sie zu gerade noch rechtzeitig zu Hilfe, aber nicht immer kann sie die Vernichtung ganzer Zivilisationen verhindern. Picard droht bald unter dem Druck zu zerbrechen, da er nicht immer rechtzeitig die nächsten Angriffsziele der Borg vorhersehen kann...
Eines muss man David Mack lassen: Der Auftakt des Mega-Crossovers ist wirklich fulminant und spannend geraten. Die Geschichte zieht einen sofort in den Bann, und die Bedrohung durch die Borg erreicht einen neuen dramatischen Höhepunkt. Trotzdem stehen hier erfreulicherweise die Charaktere im Vordergrund, so dass man als Leser einen ausgiebigen Blick auf die vielen großen und kleinen persönlichen Dramen erhält. Da wären z.B. Riker und Troi, deren Traum vom gemeinsamen Nachwuchs scheinbar unerfüllt bleibt. Die werdenden Eltern Jean-Luc Picard und Beverly Crusher sind zwar schon einen Schritt weiter, haben sich aber angesichts des Krieges gegen die Borg den denkbar schlechtesten Zeitpunkt ausgesucht, um ein Kind in die Welt zu setzen. Captain Hernandez und ihe Crew verzweifeln bald an der Aussicht, nie wieder nach Hause zu kommen. Überhaupt ist die Stimmung in diesem Roman verständlicherweise sehr gedrückt, Leichtigkeit oder Humor sucht man vergebens.
Ich begrüße es grundsätzlich, wenn der Schwerpunkt auf die Figuren gelegt wird, aber so richtig nahe geht mir das Schicksal der Charaktere diesmal nicht. Meine Befürchtungen, die ich am Anfang hatte, trafen nämlich zu: Wenn gefühlte 150 Personen im Spiel sind, gehen die Einzelschicksale einfach in der Masse unter. Da taucht mal kurz Tom Paris auf, von dem ich gerne mehr erfahren hätte, dort hadert Tuvok mit seinen immer stärker werdenden Emotionen. T'Ryssa Chen, die sympathische Halbvulkanierin aus "Mehr als die Summe", darf gar nur drei kurze Sätze sagen und wird daraufhin sofort von Picard abgekanzelt. Klar ist mir bewusst, dass es noch zwei Fortsetzungen geben wird, aber trotzdem ist es unbefriedigend, wenn man sich den Auftritt seiner Lieblingscharaktere größer vorgestellt hat. Außerdem hat David Mack mit den Vanguard-Romanen 1, 3 und 5 bewiesen, dass er durchaus in der Lage ist, neben einer komplexen Handlung auch noch eine große Menge an Personen angemessen rüberzubringen.
Der Borg-Anteil an der Geschichte ist, zumindest im ersten Teil, glücklicherweise geringer ausgefallen als erwartet. Mal ehrlich, auch wenn uns immer wieder versichert wird, dass die neuen Borg NOCH gefährlicher sind als beim letzten Mal, sind sie in der Vergangenheit einfach zu oft besiegt worden, so dass man sie als Leser einfach nicht mehr so richtig ernst nehmen kann. Die eklatant hohe Summe an Opfern erhöht die Spannung auch nicht gerade. Wesentlich interessanter war für mich die Geschichte, die sich mit dem Schicksal der Columbia-Crew beschäftigte. David Mack schafft es, die Caeliar so lebendig zu beschreiben, dass ich sie förmlich vor mir sah. Vor allem ihre futuristische Hauptstadt Axion ist so reizvoll wie kaum eine andere Stadt, die jemals in Star Trek-Serien oder -romanen vorkam. So bestätigt sich wieder einmal: "neue Welten zu entdecken, unbekannte Lebensformen und neue Zivilisationen" ist auch nach inzwischen 44 Jahren immer noch das Reizvollste an Star Trek, deshalb hoffe ich, dass sich auch in den Nachfolgeromanen die Kriegshandlungen in Grenzen halten, und man statt dessen mehr über die faszinierende Spezies der Caeliar erfährt.
Wie nicht anders zu erwarten, hinterlässt der Roman eine Vielzahl an losen Enden. Trotz meiner anfangs erwähnten Abneigung gegen Serien-Crossover hat mich der Roman doch genug gepackt, um den Fortsetzungen mit Spannung entgegenzufiebern. Wenn die Charaktere nicht so überraschend blass geblieben wären, hätte mich der Roman sogar regelrecht begeistern können. So aber lässt sich als Fazit zusammenfassen: Die Destiny-Trilogie legt mit "Götter der Nacht" einen recht ordentlichen Start hin, ist aber noch steigerungsfähig.
3,5/5
Charaktere getroffen? **
Spannung: ****
Humor: *
Action: *****
Gefühl: ***
originelle Handlung? ***
Anspruch: ****
Vorwissen nötig?
Wie fast alle Relaunch-Romane macht es auch "Götter der Nacht" für Neueinsteiger sehr schwer. Nicht nur, dass man fleißig die Star Trek-Serien gesehen haben muss (am besten alle!), man sollte zumindest auch noch die TNG-Relauch-Romane 1-5 und den ersten Titan-Band kennen.
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Wieder einmal eine sehr schöne Rezension.
AntwortenLöschenIch muss dir sogar zustimmen, dass die Vielzahl von Figuren der Übersichtlichkeit abträglich ist. Zwar hab ich das als nicht ganz so tragisch empfunden, doch ich muss zugeben, dass ich diesem Aspekt zu wenig Aufmerksamkeit schenkte.
Allerdings bin ich verunsichert, was das Aussehen der Caeliar betrifft. Ich konnte sie nicht vor dem inneren Auge sehen, weshalb ich versucht habe, sie einfach nach den detaillierten Beschreibungen zu zeichnen. Dabei kam leider nix wirklich zählbares heraus...
Wieder mal vielen Dank für die Blumen!
AntwortenLöschenDie Caeliar wurden doch sehr ausführlich beschrieben, ich kann sie mir durchaus gut vorstellen. Ob der Autor sie sich so vorgestellt hat, wie ich sie vor mir sehe, ist natürlich fraglich ;)
Jetzt wird es höchste Zeit, dass Band 2 erscheint, ehe ich in der Zwischenzeit die ganzen Namen vergesse!