Willkommen auf meinem Star Trek-Blog! Seit ungefähr Anfang der 90er bin ich ein großer Star Trek-Fan, und irgendwann fing ich auch mal an, die Romane zu lesen. Dies soll ein Versuch sein, alle von mir geschriebenen Star Trek-Roman-Rezensionen einigermaßen kompakt zu präsentieren. Es würde mich freuen, wenn sich der eine oder andere bei meinen Bewertungen einen Tipp abholen kann. Wie man sehen kann, habe ich unter jede Rezension auch einzelne Aspekte wie Humor oder Spannung extra bewertet. Auch fehlte mir bei anderen Rezensionen immer der Hinweis, ob ein Star Trek-Roman auch für Nicht-Trekkies oder Neulinge geeignet ist oder nicht, deshalb gehe ich auch auf diesen Punkt ein.

Ich habe versucht, nicht allzuviel zu spoilern, aber absolute Spoiler-Allergiker möchte ich gleich darauf hinweisen, dass ich in fast jeder Rezi auch ein wenig auf den Inhalt des Buches eingehe. Ich finde es immer witzlos, wenn man rein gar nichts über das Thema eines Buches erfährt.

Ein Wort noch zu den verwendeten Fotos: Ich hätte die Cover auch einscannen können, fand aber die Idee mit den Fotos irgendwie schöner, gerade weil sie so dilettantisch aussehen ;-)
Kommentare, Tipps oder auch Rezensionswünsche sind jederzeit willkommen!

Und nun viel Spaß beim Stöbern!

Sonntag, 20. Juni 2010

Mehr als die Summe


Christopher L. Bennett

(TNG, erschienen bei Cross Cult)

(328 S., Original: Greater than the Sum)

In einem abgelegenen Sternhaufen untersucht ein Außenteam der U.S.S. Rhea gerade einen Kohlenstoffplaneten, von dem seltsame Energieemissionen ausgehen. Dabei stößt man auf fremdartige Lebensformen. Gerade als Lieutenant T'Ryssa Chen mit den Wesen einen vagen Kontakt aufnehmen kann, taucht auf einmal die U.S.S. Einstein auf, jenes Schiff, das man nach dem letzten Aufeinandertreffen mit den Borg verloren glaubte. Allerdings wurden sowohl das Schiff als auch deren Crew in der Zwischenzeit "borgifiziert". Auch die Besatzung der Rhea, einschließlich des Landeteams, wird im Handumdrehen überwältigt. Gerade als T'Ryssa das gleiche Schicksal droht, wird sie plötzlich per Slipstream-Technologie auf einen anderen Planeten transportiert, viele Lichtjahre vom Ort des Borgangriffs entfernt. Daraufhin erhält der frisch vermählte Picard den Auftrag, mit der Enterprise zu dem Sternhaufen zu fliegen, da man befürchtet, die Borg könnten die Slipstreamtechnik für eine schnelle Verbindung zum Deltaquadranten nutzen. Auch T'Ryssa Chen ist mit von der Partie, und als Einzige an Bord kann sie mit den Cluster-Wesen kommunizieren. Diese mächtigen, aber sanftmütigen Wesen dulden keine Gewalt und halten sowohl die Enterprise als auch die assimilierte Einstein (bzw. Frankenstein, wie sie getauft wird) davon ab, sich gegenseitig zu bekämpfen. Sie begreifen nicht, dass die Verhinderung eines Kampfes noch wesentlich mehr Leid zur Folge hätte, sollte den Borg die fortgeschrittene Technologie der Cluster-Wesen in die Hände fallen...

Zuerst die positiven Aspekte: "Mehr als die Summe" ist definitiv der inhaltlich anspruchsvollste Roman der neuen TNG-Reihe. Es ist mal eine angenehme Abwechslung, dass übermächtige Lebensformen nicht gefährlich oder zumindest ärgerlich sein müssen, auch wenn sich die Friedfertigkeit der Clusterwesen für die Enterprise-Crew ebenfalls als großes Problem erweist. Die Kommunikationsversuche mit diesen geheimnisvollen Kreaturen sind sehr phantasievoll und faszinierend beschrieben.

Ein weiteres großes Plus sind die Charakterbeschreibungen, für die der Autor Christopher L. Bennett ein sehr gutes Gespür hat. Fast alle Figuren, egal ob bekannt oder neu, sind wunderbar charakterisiert worden, mit Ausnahme von Worf, der ein bisschen unterbelichtet rüberkommt. Dafür erhalten wir endlich mal einen tieferen Einblick in Geordi LaForges Gefühlswelt, der bislang (wie leider fast immer bei TNG) viel zu kurz kam. Auch die Freuden und Leiden des frischgebackenen Ehepaares Picard und Dr. Crusher werden sehr ausführlich behandelt (vielleicht ein bisschen ZU ausführlich, siehe unten!) Außerdem gibt es noch ein unerwartetes Wiedersehen mit einem alten Bekannten aus der Serie.

Der eigentliche Star des Romans ist aber eindeutig T'Ryssa Chen, eine Halbvulkanierin, die aber mit ihrer vorlauten Klappe so unvulkanisch daherkommt, wie es nur geht. Sie hat von Anfang an alle Sympathien auf ihrer Seite - zwar nicht unbedingt bei den Sternenflottenoffizieren, wohl aber beim Leser. Ich jedenfalls hoffe inständig, dass sie einen Stammplatz unter der Enterprise-Crew bekommen wird. Überhaupt sollten die neuen Brückenoffziere endlich mal in dieser Konstellation zusammenbleiben, denn das ewige "Bäumchen-wechsle-dich" nervt irgendwann und macht es als Leser schwer, die neuen Mitglieder ins Herz zu schließen.

So weit so gut, aber jetzt kommt das dicke Minus: Dieser Roman enthält eine Botschaft, die einem unablässig um die Ohren gehauen wird: "Nur eine Familie macht ein Leben erst lebenswert!" Die ganze Geschichte dreht sich so ausgiebig um die Themen Familie, Kinder und Fortpflanzung, dass ich es irgendwann nur noch als penetrant empfand. Zwischen den Zeilen war herauszulesen, dass, wenn es schon Opfer geben müsste, es doch bitteschön jemand ohne Familie sein sollte. Vielleicht bin ich da ein bisschen empfindlich, aber so eine Aussage finde ich sehr fragwürdig und diskriminierend. So ziemlich alle Personen in diesem Buch dürfen hier ihre Ansichten zum Thema Familie zum Besten geben, ob es nun Geordi, T'Ryssa, Guinan, Kodohata und natürlich vor allem Picard und Beverly sind (die Menopause ist im 24. Jahrhundert anscheinend kein Thema mehr!) Und natürlich sind auch die Clusterwesen sehr stark am Thema Fortpflanzung interessiert. Ja, das ging mir irgendwann so richtig auf die Nerven. Auch sonst hat die Geschichte ein paar Längen, die mitunter zum Diagonallesen verlocken, wenn zum Beispiel seitenlang über den neuartigen Kampfstoff geschwafelt wird, den man gegen die Borg einzusetzen gedenkt.

Das Ende ist allerdings der Knaller und der absolute Höhepunkt dieses Buches. Mitten in eine süßliche Friede-Freude-Eierkuchen-Szene platzt auf einmal eine dramatische Wendung hinein, die die Wartezeit auf "Destiny 1" auf einmal sehr lang werden lässt!

Fazit: "Mehr als die Summe" ist im Großen und Ganzen ein gelungener Roman, der noch wesentlich besser wäre, hätte der Autor Christopher L. Bennett die Botschaft, dass die Familie über alles ginge, nicht so holzhammermäßig rübergebracht. Außerdem hat er mit seinen hervorragenden Romanen "Ex Machina" und "Titan 3" einen gewissen Standard gesetzt, an den "Mehr als die Summe" nicht heranreicht. Trotzdem ist das Buch ein lesenswerter Beitrag zum eigentlich schon längst ausgelutschten Borg-Thema.


3/5


Charaktere getroffen? ****
Spannung: ***
Humor: **
Action: **
Gefühl: ***
originelle Handlung? ***
Anspruch: ***


Vorwissen nötig?
Fortsetzungsromane machen den Einstieg für Neulinge generell schwierig, für Fans sind sie allerdings eine tolle Sache. Star Trek-Anfängern empfehle ich lieber ein Buch aus der Zeit, als Romane noch in sich abgeschlossen waren.

2 Kommentare:

  1. Da sage mal einer, dass wir uns so stark widersprächen!
    Das stimmt so nämlich gar nicht, denn wie ich merke, sind unsere Ansichten über dieses Buch verdammt ähnlich. Gut, du hast das Ganze auf den Punkt gebracht, während ich ein paar Seiten schwadroniere und ständig abschweife...
    Dennoch sehe ich die Parallelen: Die Charaktere sind toll, besonders T'Ryssa sticht heraus und vor allem die breitgelatschte Nachwuchsdebatte nervt!
    Wir teilen sogar die Formulierung "Friede, Freude, Eierkuchen"!
    Jetzt bin ich nur gespannt, wie Destiny bei uns ankommt....

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  2. Bitte höre nicht auf, zu schwadronieren und abzuschweifen! Ein Großteil von dem, was du in deinen Rezis schreibst, wäre mir von allein nie aufgefallen (Stichwort "Anachronismen"!) Jedenfalls bin ich nach dem Lesen deiner Rezensionen tatsächlich schlauer als vorher ;)

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