Dean Wesley Smith, Kristine Kathryn Rusch
Enterprise Nr. 2, erschienen bei Heyne
(250 S., Original: By the Book)
"Das Rätsel der Fazi" ist der erste reguläre Enterprise-Roman nach dem obligatorischen Buch zum Pilotfilm, und die Handlung spielt auch kurz nach diesen Ereignissen - genauer gesagt nach der vierten Folge "Geistergeschichten".
Captain Archer und seine Crew freuen sich auf den Erstkontakt mit den Fazi, die auf der Nordhalbkugel des gleichnamigen Planeten leben. Bevor es soweit ist, beschäftigt sich Hoshi näher mit deren Sprache und findet heraus, dass die Kommunikation mit den Fazi starren Regeln unterworfen ist. Entgegen der Warnungen Hoshis und T'Pols besteht Archer auf eine schnelle Kontaktaufnahme. Es kommt, wie es kommen muss: Das erste Aufeinandertreffen mit der fremden Spezies geht gründlich daneben, als Archer unabsichtlich gegen das Protokoll verstößt. Auch der erneute Versuch scheitert. In der Zwischenzeit hat man entdeckt, dass es auf der Südhalbkugel noch eine weitere intelligente Spezies gibt - die Hipon. Ein Außenteam trifft sich mit den spinnenartigen Wesen, in der Annahme, dieses Treffen könne nur besser als mit den Fazi ablaufen - ein großer Irrtum...
Bei diesem Roman greift man wieder mal die Star Trek-typische Aufteilung in eine A- und eine B-Handlung zurück. Die Haupthandlung über den unerwartet heiklen Erstkontakt könnte man sich problemlos auch als TV-Episode aus der ersten Staffel vorstellen. Noch ist die Aufregung groß, wenn die Enterprise-Crew einer fremden Spezies begegnet. Noch vermittelt die menschliche Crew einen vorschnellen und naiven Eindruck, so dass man ahnt, warum später die Oberste Direktive eingeführt wurde. Noch wird T'Pol als notorische Spaßbremse angesehen, deren Loyalität unklar ist. Die Aufbruchstimmung und erwartungsvolle Vorfreude, die dem Serienstart anhaftete, ist durchaus auch in diesem Roman zu spüren. Dass die Charaktere nicht besonders plastisch dargestellt wurden, ist angesichts des frühen Erscheinungszeitpunktes verständlich. Trotzdem muss ich sagen, dass Jonathan Archer hier eine ziemlich unglückliche Figur macht, indem er die Bedenken seiner Offiziere herunterspielt, seiner Neugier und Ungeduld freien Lauf lässt und sich auf dem Planeten wie ein Elefant im Porzellanladen benimmt. Man verspürt fast Mitleid mit der armen Hoshi, die sich so gründlich mit der Kultur der Fazi auseinandersetzt, nur damit ihr Captain auf ihre Meinung pfeift und alles vermasselt.
Allzuviel erfährt man von den Fazi nicht, nur dass sie sehr strikte Etikette besitzen und bis ins kleinste Detail organisiert sind. Ein wenig interessanter ist da schon die andere Spezies, die Hipon, was nicht nur an ihrem furchterregendem Äußeren, sondern vor allem an ihrer ungewöhnlichen Art zu kommunizieren liegt. Trotzdem kommen auch die Hipon sehr kurz. Angesichts der oberflächlichen Beschreibungen beider Spezies interessierte mich dann auch die Erklärung nicht mehr, warum sie sich so rigoros voneinander abschotteten. Irgendwie wurde ich beim Lesen das Gefühl nicht los, ähnlich gelagerte Geschichten schon öfter gesehen oder gelesen zu haben.
Originell hingegen ist die B-Handlung: Mehrere Enterprise-Mitglieder nehmen allabendlich an einem alten Science-Fiction-Rollenspiel teil, das sich um den Kampf der tapferen Erdlinge gegen die bösen Marsianer dreht. Man merkt deutlich, dass die beiden Autoren bei den Rollenspiel-Passagen den größten Spaß beim Schreiben dieses Romans hatten. Diese unbeschwerten Spielabende verbreiten die gleiche entspannte Stimmung wie die legendären Pokerpartien an Bord der Enterprise-D. Obwohl ich herzlich wenig von Rollenspielen verstehe, hatte ich fast das Gefühl, den Spielern über die Schulter zu sehen und ihre kleinen Triumphe oder Dramen hautnah mitzuerleben. Wirklich aufregend ist zwar auch diese Nebenhandlung nicht, bringt aber frischen Wind in die Geschichte. Ein wahrlich glückliches Händchen bewiesen die Autoren mit der Entscheidung, Elizabeth Cutler zu einer der Hauptfiguren zu machen. Immerhin tauchte sie nach der Folge "Geistergeschichten" noch zwei weitere Male auf und kam dabei so sympathisch rüber, dass sie sogar einer sporadischen Enterprise-Zuschauerin wie mir im Gedächtnis blieb. Unglücklicherweise blieb es bei drei Auftritten, weil die Darstellerin bereits kurze Zeit später mit nur 36 Jahren verstarb. In "Das Rätsel der Fazi" stiehlt Cutler jedenfalls allen die Show und ist von allen Figuren diejenige, mit der man sich am meisten identifizieren kann.
Positiv fiel mir weiterhin auf, dass man genau wie in der deutschen Synchronisation das Wort "Ensign" statt des sonst üblichen "Fähnrich" benutzte, damit hätte ich wirklich nicht gerechnet. Allerdings griff man bei "Crewman" dann wieder auf den deutschen Begriff "Besatzungsmitglied" zurück.
Eine Kleinigkeit wäre mir garantiert entgangen, wenn ich nicht zufälligerweise unmittelbar vor der Lektüre dieses Romans "Geistergeschichten" gesehen hätte. In dieser Folge gab es einen kleinen Transporterunfall, als Crewman Novakovich mitten in einem Sturm auf das Schiff gebeamt wurde und anschließend Zweige und Sand in seiner Haut steckten. Im Roman wurde sein russischer Nachname nicht nur der deutschen Transkription angepasst (in Nowakowitsch), auch sein Vorname änderte sich von Ethan zu Alex.
Fazit: Wenn ich meinen Gesamteindruck dieses Buches mit einem Wort zusammenfassen müsste, wäre "nett" wohl am zutreffendsten. Obwohl noch nicht mal in den wenigen Actionszenen Spannung aufkommen will, liest sich der Roman locker weg und weiß durchaus zu unterhalten. Während der eigentliche Hauptplot wohl keinen Star Trek-Fan hinterm Ofen hervorlocken kann, hat das Werk aber durch die originelle Rollenspiel-Nebenhandlung ein wahres Ass im Ärmel. Letztendlich ist dies aber zu wenig, um einen nachhaltig positiven Eindruck zu hinterlassen, so dass "Das Rätsel der Fazi" unter den Star Trek-Romanen nur im Mittelfeld landet.
3/5
Charaktere getroffen? **
Spannung: **
Humor: **
Action: **
Gefühl: ***
originelle Handlung? ***
Anspruch: *
Vorwissen nötig?
Die Serie befindet sich hier noch ganz am Anfang, also kann der Roman auch von jemandem ohne Vorkenntnisse gelesen werden.
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