Peter David
TOS Nr. 64, erschienen bei Heyne
(282 S., Original: The Rift)
Im Jahre 2369 entdeckten Benjamin Sisko und Jadzia Dax ein stabiles Wurmloch, das eine schnelle Verbindung in den Gamma-Quadranten ermöglichte. Aber die ersten Besucher aus dem Alpha-Quadranten waren sie nicht - die Crew der guten, alten Enterprise NCC-1701 war ebenfalls schon da, sogar gleich zweimal!
Die Enterprise traf unter dem Kommando von Christopher Pike auf einen Riss im Raum-Zeit-Gefüge, der sich als Passage in den Gamma-Quadranten herausstellte. Über diesen Riss konnte man einen Kontakt mit den hochentwickelten, aber isoliert lebenden Calligariern aufnehmen und ihnen sogar einen Besuch abstatten. Leider konnte man die Beziehung nicht weiter ausbauen, da sich der Riss nur alle 33 Jahre für drei Tage öffnete, so dass man rechtzeitig wieder zurück in den Alpha-Quadranten fliegen musste. Immerhin fand der Navigator José Tyler noch genügend Zeit für einen One-Night-Stand mit der Calligarierin Ecma.
33 Jahre später: Wieder ist die Enterprise zur Stelle, um sich die erneute Chance für einen Kontakt mit den Calligariern nicht entgehen zu lassen. Mit an Bord befinden sich einige Diplomaten der Föderation, der Computerspezialist Dr. Richard Daystrom, und auch José Tyler ist wieder mit von der Partie. Während Spock, die Diplomaten und Daystrom mit einem Shuttle in den Riss fliegen, stattet Ecma, die in der Zwischenzeit den hohen Titel des Baumeisters innehat, Kirk auf der Enterprise einen Besuch ab. Kaum dort angekommen, bittet sie ihn um Asyl, was wiederum die anderen Calligarier verärgert: Um Ecma wieder zu bekommen, werden Spock und seine Begleiter als Geiseln genommen. Kirk muss schnell handeln, ehe sich der Riss wieder schließt...
Der erste Classic-Roman von Peter David hat einige interessante Ansätze. Ein großes Plus ist auf jeden Fall die Tatsache, dass man endlich mal mehr über die Enterprise-Crew unter dem Kommando Captain Pikes erleben kann, was in deutschsprachigen Romanen sehr selten der Fall war (außer "Vulkans Ruhm" fällt mir nichts ein). Pikes Führungsstil unterscheidet sich gänzlich von dem seines Nachfolgers Kirk, was man hier direkt vergleichen kann. Spock ist in seinen Anfangsjahren auf der Enterprise noch dabei, sich selbst zu finden. Hier stellt er gerade fest, dass er seine emotionale Kontrolle nicht richtig im Griff hat, woran er in Zukunft arbeiten will (eine schöne Anspielung auf sein breites Grinsen in "Der Käfig"!) Man kann sich beim Lesen ebenfalls ein Grinsen nicht verkneifen, wenn Spock gerade das schöne Wörtchen "Faszinierend" aufschnappt oder sich heimlich schon auf die bevorstehende Pensionierung von Dr. Boyce freut, fest davon überzeugt, dass kein anderer Schiffsarzt den Vulkanier so nerven würde wie er. Ein weiteres Highlight sind die Szenen mit Nummer Eins, die teilweise wirklich witzig sind, zum Beispiel die verblüffend banale Erklärung dafür, warum niemand die erste Offizierin beim Namen nennt.
Leider kann der Rest des Romans weniger überzeugen, was vor allem am fehlenden Spannungsaufbau und dem flapsigen Schreibstil liegt. Letzterer ist wahrscheinlich zum großen Teil dem Übersetzer Ronald M. Hahn zuzuschreiben, dessen lockeren Stil ich meist sehr angenehm finde, manchmal jedoch des Guten zuviel. Die Handlung versackt in einer Fülle von Dialogen, die auf Dauer ermüdend wirken und jegliches Tempo aus der Geschichte nehmen. Ein zentrales Thema ist zum Beispiel die Auseinandersetzung mit dem Älterwerden (der Hauptteil der Handlung findet kurz nach dem fünften Film statt), aber irgendwann nerven die ständigen Anspielungen auf das Alter. Übrigens trägt ironischerweise einer der Calligarier den Namen Alt!
Peter David wagt sich außerdem noch an zwei Tabuthemen heran: Zum einen betrifft es die "Verringerung", womit der Zeitpunkt des Sterbens gemeint ist, wenn jemand seinen Zenit überschritten hat. Noch heikler ist das Thema Inzest, welches vorher bei Star Trek weiß Gott noch nie behandelt wurde. Beides geht allerdings im albernen Gezänk zwischen den Diplomaten unter, das sich über viele Seiten hinwegzieht. Die Charaktere sind meiner Meinung nach nicht besonders gut getroffen und machen oft einen regelrecht comichaften Eindruck. Die Gaststars aus der Serie, Daystrom, Tyler und Robert Fox, bleiben allesamt blass und tragen nicht sonderlich zur Handlung bei. Hier und da blitzt jedoch Peter Davids Talent auf, vor allem als Kirk in einem surrealen Szenario mit seinem verstorbenen Sohn David Marcus konfrontiert wird.
Fazit: Nach einem gelungenen Start entpuppt sich "Der Riss im Kontinuum" als überraschend unoriginelles und belangloses Abenteuer, das keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. Das Buch ist zwar recht unterhaltsam und angenehm zu lesen, aber für Peter Davids Verhältnisse leider nur eine müde Show.
3/5
Charaktere getroffen? **
Spannung: *
Humor: ***
Action: **
Gefühl: **
originelle Handlung? **
Anspruch: **
Vorwissen nötig?
Es geht sicher auch ohne große Vorkenntnisse, aber gerade für Star Trek-Kenner hält der Roman ein paar Leckerlis bereit. Schön wäre es, den Pilotfilm "The Cage" oder zumindest den TOS-Zweiteiler "Talos IV - Tabu" zu kennen, außerdem noch "Krieg der Computer", "Computer M5" und "Der verirrte Planet".
Sonntag, 5. September 2010
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