Samstag, 12. Juni 2010
Zeit für Gestern
Ann C. Crispin
TOS Nr. 44, erschienen bei Heyne
(377 S., Original: Time for Yesterday)
In einer Zeit, als Paramount den Star Trek-Romanautoren noch nicht so strenge Regeln auferlegte, schrieb Ann C. Crispin "Yesterday's Son" (dt. "Sohn der Vergangenheit"), der als erster Star Trek-Roman, der sich nicht auf einen Film bezog, die Bestsellerliste der New York Times erreichte. Darin findet Spock heraus, dass er in der 5000 Jahre zurückliegenden Eiszeit des Planeten Sarpeidon einen Sohn namens Zar hatte (siehe TOS-Folge "Portal in die Vergangenheit".) Klar, dass so ein beliebtes Buch förmlich nach einer Fortsetzung schrie!
Um diesen Roman richtig verstehen zu können, sollte man den Vorgänger gelesen haben. Wer "Sohn der Vergangenheit" noch nicht kennt und lesen möchte, sollte den nächsten Absatz lieber überspringen, denn ein paar Spoiler sind schon enthalten. Es ist kaum möglich, den Inhalt von "Zeit für gestern" zusammenzufassen, ohne sich auf den Vorgänger zu beziehen.
* SPOILERANFANG *Der Wächter der Ewigkeit ist scheinbar verrückt geworden, was fatale Auswirkungen auf das Raum-Zeit-Gefüge nach sich zieht. Admiral Kirk erhält den Auftrag, mit der Enterprise zum Planeten Gateway zu fliegen, auf dem sich der Wächter befindet. Man erhofft sich, Kontakt zum außer Kontrolle geratenen Zeittor aufzunehmen. Spock erinnert sich, dass sein Sohn Zar vor 15 Jahren eine Gedankenverschmelzung mit dem Wächter herstellen konnte. Da er aber damals freiwillig in seine Zeit nach Sarpeidon zurückgekehrte, steht er nicht mehr zur Verfügung. Also begibt sich die Enterprise mit der außergewöhnlich begabten Telepathin D'berahan an Bord nach Gateway. Der mentale Kontakt zum Wächter ist aber so stark, dass D'berahan ins Koma fällt. Als auch Spock scheitert, kommt man auf die Idee, in der Vergangenheit nach Zar zu suchen, damit dieser sich an der Kontaktaufnahme versuchen kann. Trotz der Unberechenbarkeit des Wächters gelingt es Kirk, Spock und McCoy, in Sapeidons Vergangenheit zu gelangen, und begegnen nach einigem Hin und Her tatsächlich Zar. Der ließ sich damals nämlich vom Wächter der Ewigkeit auf der anderen Hemisphäre von Sarpeidon transferieren, die dicht bevölkert und nicht so stark von der Eiszeit betroffen war. Durch das Zeitparadoxon ist für Zar die Zeit schneller vergangen als für die Enterprise-Offiziere; er ist mittlerweile 45 Jahre alt und damit nicht viel jünger als Spock. In der Zwischenzeit ist er zu einem Anführer aufgestiegen, der mit seinen Truppen kurz vor einer entscheidenden Schlacht steht. Der kriegsmüde Zar ist nicht sehr motiviert, der Föderation zu helfen, und sowohl eine Prophezeihung als auch die realen historischen Aufzeichnungen der Sternenflotte sehen seinen nahen Tod bevor...
* SPOILERENDE *
Bevor es losging, machte mich erstmal die "historische Anmerkung" am Anfang des Romans stutzig. Demnach findet das Geschehen nach dem 1. Film und vor dem Roman "Akkalla" statt, worauf ich mir erstmal den Kopf zerbrach, welche bedeutungsschweren Ereignisse nochmal in "Akkalla" passierten. Die Antwort ist simpel: Beide Romane spielen zwischen dem 1. und dem 2. Film, nur fand Howard Weinsteins Geschichte um den Wasserplaneten Akkalla halt später statt.
Im Gegensatz zum Vorgänger, der sich fast ausschließlich auf die Figuren konzentrierte, gibt es hier noch zwei komplexe Rahmenhandlungen: Zum einen das Problem mit dem Wächter der Ewigkeit und zum anderen Zars fast aussichtslos erscheinende Situation in der Vergangenheit Sarpeidons. Darüberhinaus haben wir auch noch eine Nebengeschichte, in der sich Uhura um die drei neugeborenen Kinder der Telepathin D'berahan kümmern muss. Kein Wunder also, dass dieser Roman wesentlich dicker geraten ist als "Sohn der Vergangenheit" und sich auch nicht so schnell weglesen lässt wie sein Vorgänger. Die Handlungsstränge können fast durchweg überzeugen. Crispins wahre Stärke sind aber die Figurenbeschreibungen. Tatsächlich bin ich der Meinung, dass sie in Sachen Charakterisierungen jeden anderen Star Trek-Romanautor locker in die Tasche steckt. Es ist also fast unnötig zu erwähnen, dass ihr das bei diesem Roman wieder mal ganz hervorragend gelungen ist. Nicht nur Zar und Crispins eindeutige Lieblingsfigur Spock sind wunderbar beschrieben, sondern auch Kirk, den Spocks erneute Begegnung mit Zar über seine (Nicht-)Beziehung zu seinem eigenen Sohn David nachgrübeln lässt. Die Handlung ist manchmal einen Tick zu langatmig, und einiges erscheint an den Haaren herbeigezogen (z.B. dass Admiral Kirk, der ja immerhin damals gerade Schreibtischtäter war, mal eben sowohl die Enterprise als auch seine komplette Stammcrew von früher für diesen Einsatz bekommen konnte.) Insgesamt reicht "Zeit für gestern" nicht ganz an den tollen Vorgänger heran, aber das ist auch schwer zu schaffen.
Fazit: Insgesamt eine tolle Fortsetzung. Wer "Sohn der Vergangenheit" mochte, sollte sich auch den Nachfolger nicht entgehen lassen!
4,5/5
Charaktere getroffen? *****
Spannung: ***
Humor: ***
Action: ****
Gefühl: ****
originelle Handlung? **
Anspruch: ***
Vorwissen nötig?
Wie gesagt: Ohne den Vorgänger wäre der Roman nur halb so schön. Dafür braucht man "Akkalla" nicht zu kennen, auch wenn die historische Anmerkung das Gegenteil vermuten lässt.
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