Freitag, 11. Juni 2010
Der Vorbote
David Mack
Vanguard Nr. 1, erschienen bei Cross Cult
(395 S., Original: Harbinger)
Der Schauplatz der neuen Star Trek-Reihe "Vanguard" befindet sich auf der Starfleet-Raumbasis 47, genannt Vanguard, zur Zeit von Star Trek "Classic". Das klingt zunächst wie eine Neuauflage zu den Serien The Next Generation und Deep Space Nine, die ja auch für eine Weile zeitlich parallel zueinander liefen: Auf der einen Seite ein Raumschiff, auf der anderen Seite eine Raumstation. Beim Lesen haben sich aber alle Bedenken in Luft aufgelöst: "Vanguard - Der Vorbote" ist auf jeden Fall interessant und fesselnd genug, um Appetit auf die Nachfolgeromane zu machen. Nach über 40 Jahren finde ich es erstaunlich, was das Star-Trek-Universum noch alles für Überraschungen zu bieten hat. Starfleet erscheint hier viel mehr wie eine militärische Organisation als in der Serie, als sie aus schleierhaften Gründen die Station im Eiltempo errichten lässt und dabei mit den Tholianern, Klingonen und Orianern in Konflikt gerät. Die Enterprise, seit kurzem unter dem Kommando von Captain James T. Kirk, dockt an die Station an, um Reperaturarbeiten durchführen zu lassen. Als die U.S.S. Bombay bei einer Raumschlacht zerstört wird, wird die Enterprise losgeschickt, um diesen Vorfall aufzuklären...
Mit "Vanguard - der Vorbote" beendete der Comic-Verlag Cross Cult für deutsche Star Trek-Fans die lange Durststrecke ohne einen neuen deutschsprachigen Star Trek-Roman. Obwohl der Roman zur Anfangszeit von Kirks 5-Jahresmission spielt, wirkt Vanguard gegenüber den älteren Romanen eindeutig moderner und "erwachsener". Zuerst muss man natürlich am Anfang die vielen neuen Personen kennenlernen, was erst mal ein bisschen anstrengend ist. Allerdings sind die neuen Figuren so interessant und detailliert beschrieben, dass man sich schon bald auf sie einlässt und mehr von ihnen erfahren will. Trotzdem ist es natürlich schön, wenn die vertraute Enterprise-Crew auftaucht, allerdings sind Kirk & Co in diesem Roman nur Nebenfiguren, die offensichtlich nur als Starthilfe für die neuen Personen dienen. Diese sind aber auch allein interessant genug: der depressive Commander Reyes, der orianische Gangsterboss Ganz, der übereifrige Reporter Pennington, der nebenbei auch noch seine Affäre vertuschen muss, die zwielichtige vulkanische Geheimdienstlerin T´Prynn, die eine feindselige Katra in sich trägt, und der abgehalfterte Kleinganove Quinn, eine Figur, die dem Autor offensichtlich besonders am Herzen lag.
Die Geschichte selbst bietet jede Menge hervorragender Dialoge, glaubwürdige Figuren mit Ecken und Kanten, eine der packensten Raumschlachten, die jemals in einem Star Trek-Roman zu lesen waren, viel Geheimnistuerei und Intrigen und sogar hin und wieder echte Situationskomik, besonders dann, wenn der Händler Quinn auftaucht. Die vielen Figuren und Nebenhandlungen verlangen dem Leser einiges ab, manchmal ist es mühselig, dem roten Faden der Geschichte zu folgen. Trotzdem ist "Vanguard" auf jeden Fall eine Bereicherung für das Star Trek-Universum und jedem Trekker sehr zu empfehlen.
Über das Preis-Leistungsverhältnis ist schon einiges gesagt worden. Ich jedenfalls finde, dass die Aufmachung des Buches sehr gelungen ist: ein hochwertiges Cover, eine Karte der Raumstation Vanguard, ein interessantes Interview mit dem Autor, ein stabiler Buchrücken, dem nicht mal ich Leseknicke zufügen konnte. Meiner Meinung nach halten sich auch die Rechtschreibefehler in Grenzen, sooo schlimm ist es nun auch wieder nicht. Ja, die Cross Cult-Romane sind ein paar Euro teurer als die Heyne-Romane. Aber ich bin diesem kleinen Verlag für die deutschsprachigen Star Trek-Romane viel zu dankbar, als dass ich mich über den höheren Preis und ein paar Rechtschreibefehler aufregen würde.
4,5/5
Charaktere getroffen? ****
Spannung: ***
Humor: ***
Action: ****
Gefühl: ***
originelle Handlung? ***
Anspruch: ****
Vorwissen nötig?
Nicht unbedingt, schließlich handelt es sich um eine neue Serie mit größtenteils neuen Charakteren. Allerdings gibt es jede Menge Anspielungen auf die Serien, so dass die Vanguard-Romane echten ST-Fans mehr Spaß machen dürften.
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Vanguard 1 - Der Vorbote
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Hmm, also so richtig warm werde ich mit Vanguard nicht. Sicher, die Hauptstory um die Erforschung und den daraus resultierenden Konflikten in der Tarus-Region ist schon recht interessant und animiert zum weiterlesen. Allerdings sind die ganzen kleinen Nebenhandlungen, wie die zwischen T'Prynn & Sten oder Cervantes Quinn (bei dem ich immer nur den guten alten Cyrano Jones vor Augen habe), Tim Pennington & Ganz, sogar schon fast nervend... besonders die zwischen der Vulkanierin und ihrem Ex.
AntwortenLöschenDie ersten zwei Bände habe ich hinter mich gebracht, um dann erstmal eine Pause zugunsten TNG, DS9 und Titan einzulegen. Demnächst muß ich wohl mal weiterlesen und hoffe das es besser wird, worauf deine Rezensionen aber schließen lassen, auch wenn die Qualität von Roman zu Roman schwankt. Aber nun erstmal DS) 'Dämonen...' fertiglesen und dann den fünfteiligen Destiny-Zyklus (inklusive 'Artikel...' und 'Einzelschicksale'), auf den ich mich schon sehr freue, durcharbeiten.
Was mich allerdings am meisten stört ist, dass es kaum noch abgeschlossene Romane gibt, wie zu Heyne-Zeiten. Alles baut irgendwie aufeinander auf, man kann keinen Roman mehr lesen ohne irgendwelche Vorkenntnisse aus anderen Büchern mitzubringen, die teilweise gar nicht in Deutschland erschienen sind. Vorkenntnisse aus den Serien, okay, aber die vielen Anspielungen auf andere Bücher sind schon teilweise recht verwirrend. Und da macht es keinen Unterschied ob auf dem Cover TNG, Titan, Vanguard oder DS9 steht (obwohl ich es bei DS9 ja noch verstehen kann, da die letzten vier Staffeln auch komplett miteinander verwoben waren). Sicher ist es realitätsnaher, wenn alles aufeinander aufbaut, doch wer will schon Realität? Ich möchte einen guten Science-Fiction-Roman lesen!!!
Sorry, wenn ich deinen Blog als kleines Ventil zum Dampfablassen mißbrauche, aber das mußte mal kurz sein. :)
Gruß, Marko
Hallo Marko,
AntwortenLöschenich bin sehr froh über Deinen Kommentar, denn ich muss zugeben, dass ich ganz ähnlich empfinde. Die Kontinuität zwischen den einzelnen Romanen ist für den Leser eine schöne Sache, aber eben nur, wenn man die anderen Romane auch kennt. Falls nicht, hat man das blöde Gefühl, nicht auf dem Laufenden zu sein und etwas verpasst zu haben. Ich habe auch nicht immer Lust, mir die fehlenden Informationen mühsam bei Memory Beta zu suchen. Zwar ist es in vielen Fällen nicht unbedingt notwendig, die anderen Romane zu kennen, so dass man großzügig über die Anspielungen hinweglesen kann, aber es hinterlässt doch einen faden Beigeschmack.
Diese Entwicklung findet sich nicht nur bei Star Trek, sondern ganz allgemein bei SF-Romanen. Ich würde viel mehr SF-Romane lesen, wenn sehr viele von ihnen nicht Teil einer Serie, mindestens einer Trilogie wären.
Einige der alten Heyne-Romane wiesen oft ebenfalls eine gewisse Kontinuität auf, das war allerdings eher die Ausnahme als die Regel. Ich bin auch nicht grundsätzlich gegen solche Anspielungen, die können durchaus Spaß machen, aber eben auch für Frustmomente sorgen und anstrengend sein. Deshalb lese ich zwischendurch auch immer noch die alten Romane, sozusagen als Entspannung. Es ist nämlich auch mal sehr erholsam, wenn ein Roman eine in sich abgeschlossene Geschichte mit einem Anfang und einem Ende erzählt.
Eigentlich schade, dass Dir "Vanguard" nicht so recht zusagt. Okay, es sind ebenfalls keine abgeschlossenen Romane, aber immerhin kann man sie lesen, ohne gleich die anderen Romane quer durch alle Star Trek-Serien zu kennen.
Wie ich schon sagte: Die Haupthandlung, also die Storyline um die Taurus-Region, ist schon interessant, doch das ganze Beiwerk um den Journalisten ist meiner Meinung nach recht langweilig und die Geschichte um T'Prynn einfach nur nervtötend.
AntwortenLöschenVielleicht liegt es auch nur daran, dass die Buchreihe nicht auf einer Fernsehserie basiert, denn mit 'New Frontier' konnte ich mich auch nie so recht anfreunden, obwohl man dort wenigstens noch ein paar bekannte Gesichter aus den Serien antraf. Und das ist bei 'Vanguard' ja nur im ersten Band zur Einführung der Fall.
Ich werde die anderen Bände auf jeden Fall auch noch lesen, vielleicht wird's ja besser.
Gruß, Marko