Willkommen auf meinem Star Trek-Blog! Seit ungefähr Anfang der 90er bin ich ein großer Star Trek-Fan, und irgendwann fing ich auch mal an, die Romane zu lesen. Dies soll ein Versuch sein, alle von mir geschriebenen Star Trek-Roman-Rezensionen einigermaßen kompakt zu präsentieren. Es würde mich freuen, wenn sich der eine oder andere bei meinen Bewertungen einen Tipp abholen kann. Wie man sehen kann, habe ich unter jede Rezension auch einzelne Aspekte wie Humor oder Spannung extra bewertet. Auch fehlte mir bei anderen Rezensionen immer der Hinweis, ob ein Star Trek-Roman auch für Nicht-Trekkies oder Neulinge geeignet ist oder nicht, deshalb gehe ich auch auf diesen Punkt ein.

Ich habe versucht, nicht allzuviel zu spoilern, aber absolute Spoiler-Allergiker möchte ich gleich darauf hinweisen, dass ich in fast jeder Rezi auch ein wenig auf den Inhalt des Buches eingehe. Ich finde es immer witzlos, wenn man rein gar nichts über das Thema eines Buches erfährt.

Ein Wort noch zu den verwendeten Fotos: Ich hätte die Cover auch einscannen können, fand aber die Idee mit den Fotos irgendwie schöner, gerade weil sie so dilettantisch aussehen ;-)
Kommentare, Tipps oder auch Rezensionswünsche sind jederzeit willkommen!

Und nun viel Spaß beim Stöbern!

Dienstag, 13. März 2012

Feuertaufe McCoy: Die Herkunft der Schatten


David R. George III

TOS Nr. 1, erschienen bei Cross Cult

(809 S., Original: Crucible McCoy - Provenance of Shadows)


Wer sich auf diesem Blog schon mal etwas genauer umgesehen hat, wird festgestellt haben, dass es sich bei diesem Buch um meinen persönlichen Lieblingsroman unter den Star Trek-Büchern handelt. Entsprechend groß war deshalb meine Freude, dass sich Cross Cult dazu entschieden hat, ihn auf Deutsch herauszubringen. Natürlich lasse ich es mir nicht nehmen, ein weiteres Mal meine Meinung zu diesem Buch zum Besten zu geben; meine Rezension zur Originalversion findet man hier.

 Bei "Die Herkunft der Schatten" handelt es sich im Grunde um zwei Geschichten in einem Roman, deren gemeinsamer Ausgangspunkt die legendäre TOS-Folge "Griff in die Geschichte" ist. Wir erinnern uns: In dieser Folge mussten Kirk und Spock dem vorübergehend durchgedrehten McCoy in das New York des Jahres 1930 folgen, da der Schiffsarzt auf fatale Weise die Erdgeschichte veränderte. Tragischerweise bestand der einzige Weg zur Wiederherstellung der alten Zeitlinie darin, den Unfalltod der Sozialarbeiterin Edith Keeler in Kauf zu nehmen, die ansonsten durch McCoys Eingreifen gerettet worden wäre. Nach der kleinen Reparatur an der Zeitlinie war alles wieder wie vorher, allerdings nicht für die drei Zeitreisenden Kirk, Spock und Pille. Das Erlebte in der Vergangenheit hat bei jedem von ihnen Spuren hinterlassen - Ausgangspunkt für diese ganz besondere Trilogie.

Wie ging es in der wiederhergestellten Zeitlinie weiter? Nun, im Großen und Ganzen so, wie wir es in weiten Teilen aus der Serie und den Filmen kennen. Besonders zu Anfang des Buches lassen sich die Kapitel in der "richtigen" Zeit mit herausgeschnittenen Filmszenen vergleichen, die oft als Bonusmaterial auf DVDs vorhanden sind und oftmals die Handlung erst so richtig schlüssig machen. Die zusätzlichen Szenen in diesem Roman sind Lückenfüller im besten Sinne, das heißt sie sind nicht überflüssig, sondern runden das Ganze ab und fügen sich bestens in die bekannten Ereignisse ein. Wo ich in der Serie zuweilen das Gefühl hatte, die Handlung würde viel zu schnell vorangaloppieren und somit etwas oberflächlich bleiben, verleihen die Zusatzszenen dem Geschehen erst so richtig die nötige Tiefe. Für Dr. McCoy, um den es sich im ersten Teil der "Feuertaufe"-Trilogie dreht, hat der unfreiwillige Ausflug in die Vergangenheit zunächst nur subtile Auswirkungen. Er erlebt mit dem Rest der Enterprise-Crew viele Abenteuer, widmet sich der Forschung und führt eine On-Off-Beziehung mit Tonia Barrows (der rothaarigen Dame aus "Landurlaub"). Erst viel später in seinem Leben erkennt McCoy, dass die Begegnung mit dem Wächter der Ewigkeit ihn deutlich mehr beeinflusste als zunächst angenommen. Immer häufiger wird er in seinen Träumen von Erinnerungen gequält, die er eigentlich gar nicht haben sollte und ihm doch sonderbar vertraut erscheinen. Ursache dafür ist jene Zeitlinie, die durch McCoys Eingreifen in die Erdgeschichte entstand.

Auch wenn die "falsche" Zeitlinie von Kirk und Spock wieder korrigiert wurde, so existierte sie doch: eine alternative Realität, in der McCoy keine Möglichkeit hatte, in seine eigene Zeit zurückzukehren. Der Sprung durch den Wächter der Ewigkeit bedeutete für den Arzt gezwungenermaßen einen totalen Neustart. Nach etlichen fruchtlosen Versuchen, Kontakt mit Kirk und Spock aufzunehmen, beschloss McCoy, das Beste aus der Situation zu machen und sich in seinem neuen Leben zurechtzufinden. Abgesehen von anfänglichen Schwierigkeiten gelang ihm dies auch erstaunlich gut. Ausgelöst durch die Rettung Edith Keelers nahm die veränderte Zeitlinie jedoch unaufhaltsam ihren Lauf, und als McCoy nach Jahren endlich das volle Ausmaß seines Eingriffs erkannte, war es längst zu spät, um irgendetwas dagegen zu unternehmen...

Bestünde die Geschichte nur aus dem "richtigen" Zeitstrang, wäre der Roman nicht viel mehr als eine interessante Ergänzung zur bereits bekannten Handlung. Was das Buch aber so einzigartig macht, sind die Kapitel in der alternativen Realität, und diese sind wirklich grandios. Sie haben nur sehr wenig mit Star Trek zu tun, sondern lesen sich einfach nur wie eine ergreifende, stimmige Geschichte über einen Mann, der in einer völlig fremden Umgebung ein neues Leben aufbauen muss. In Science-Fiction-Serien wimmelt es zwar von Storys, in denen die Protagonisten in eine alternative Zeitlinie geraten, aber üblicherweise dreht sich die Handlung darüber, wie sie den Weg zurück schaffen. Hier ist es eben nicht so: McCoy bleibt für den Rest seines Lebens in der Vergangenheit gefangen und kann nur darauf hoffen, die Geschichte nicht allzusehr beeinflusst zu haben. Diese Kapitel sind für mich das beste, was ich in einem Star Trek-Roman gelesen habe.

Das Original ist irgendwie platzsparender geraten...


Mir ist durchaus klar, dass Leser mit anderen Vorlieben diesen Roman auch ausgesprochen langweilig finden könnten. Wer schnelle, actionreiche und spannende Geschichten bevorzugt, wird mit "Die Herkunft der Schatten" vermutlich nicht viel Freude haben. Dasselbe gilt für diejenigen, die verschachtelte Geschichten mit vielen Handlungssträngen und einer großen Anzahl an Protagonisten lieben. Deshalb, um es klarzustellen: Ja, dieser Roman ist sehr langsam aufgebaut, hat in jeder Zeitlinie genau eine Actionszene, befasst sich ausschließlich mit McCoy, ignoriert bewusst alle anderen Star Trek-Romane, und vor allem ist er DICK (zumindest in der deutschen Version). Für Liebhaber gut geschriebener Charakterstudien ist dieses Buch allerdings ein Fest, und die für Star Trek-Romane gewaltige Länge von über 800 Seiten erscheint hier genau richtig. Man hat als Leser ausgiebig Gelegenheit, in die Geschichte einzutauchen, die sehr liebevoll und detailliert beschriebenen neuen Charaktere kennenzulernen und natürlich auch ganz neue Seiten an McCoy zu entdecken. Darüberhinaus sind beide Handlungsstränge unheimlich gut durchdacht, und je länger man liest, umso stärker wird klar, wie sehr sie trotz der offensichtlichen Unterschiede miteinander verwickelt sind. Erfreulicherweise ist die "Feuertaufe"-Trilogie zur Abwechslung mal keine Fortsetzungsreihe mit Cliffhanger-Enden, sondern besteht aus drei ziemlich unterschiedlichen Romanen, die man durchaus auch einzeln lesen könnte, aber dennoch lose zusammenhängen. So werden hier im ersten Band Handlungsfäden geschaffen, die erst im Kirk-Roman aufgelöst werden. Diese stehen jedoch eher im Hintergrund, so dass man jedes der drei Bücher als zum größten Teil abgeschlossene Einzelromane betrachten könnte.

Kein Roman ist perfekt, und auch hier gab es zwei Sachen, die für mich winzige Wermutströpfchen darstellen. Die liebenswerte Grantelei, die Leonard McCoys Persönlichkeit ausmacht, ist hier nur in Ansätzen zu finden. Tatsächlich gibt es einige wenige Romane wie zum Beispiel "McCoys Tochter" oder "Ex Machina", die seinen Charakter noch ein bisschen perfekter treffen als "Die Herkunft der Schatten". Aber keine Angst, man erkennt den guten Doktor trotzdem auf jeder Seite sofort wieder, nur wird sein Charakter etwas tragischer dargestellt tagischer und ernster dargestellt als gewohnt. Das zweite Wermutströpfchen betrifft die unrühmliche Rolle, die die Deutschen hier wieder einmal einnehmen... weiter möchte ich nicht darauf eingehen.
Diese kleinen Kritikpunkte sind aber Jammern auf hohem Niveau, denn auch nach zweimaligem Lesen hat mich dieser Roman sehr berührt, und trotz des langsamen Tempos kam an keiner Stelle Langeweile auf. Kennt jemand diese Melancholie, die sich einstellt, wenn sich ein richtig gutes Buch dem Ende nähert? Man will dann gar nicht, dass es aufhört - so jedenfalls ging es mir mit diesem Roman.

Fazit: Der erste "Feuertaufe"-Band ist beileibe kein Trek-Abenteuer für den Massengeschmack. Wer sich jedoch auf diese fette Charakterkeule einlassen kann, wird staunen, wie schnell 800 Seiten vergehen können. Der Leser wird mit zwei wunderbar geschriebenen McCoy-Biografien belohnt, die man nicht so schnell wieder vergisst. "Die Herkunft der Schatten" ist ein ganz besonderer Star Trek-Roman für Genießer, von daher erhält er von mir die absolute Höchstbewertung!

6/5

Charaktere getroffen? ****
Spannung: **
Humor: *
Action: **
Gefühl: *****
originelle Handlung? *****
Anspruch: *****

Vorwissen nötig?
Der eine Handlungsstrang erzählt die Serie nach, der andere erinnert kaum an einen Star Trek-Roman. Neulinge könnten sich daher durchaus mal an diesem Roman versuchen. Einen Versuch ist es jedenfalls wert!

14 Kommentare:

  1. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich viel zu wenige TOS Bücher habe ... Muss ich dringend ändern. ;)

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    1. Zu wenig TOS-Bücher ? Das lässt sich mit diesem schnell ändern ! Alleine von der Seitenzahl zählt der, glaube ich 2 oder 3mal ;-). Und richtig gut ist er auch ...

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  2. Dieser hier sollte jedenfalls in keiner TOS-Sammlung fehlen! ^^

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    1. Ich werde jetzt erst mal "Zero Sum Game" lesen. ;)

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  3. So Ameise, nach Deiner Huldigung bleibt mir wohl nun nichts Anderes mehr übrig, jetzt muß ich mich doch überwinden und diesen fetten Wälzer mal angehen! Ich gebe zu, diese Masse an bedruckten Seiten hat mich bisher abgeschreckt, abba was solls? Feine Rezi! GRÜßE aus Babelsberg!

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  4. Hallo und Grüße aus EF!

    Jetzt werde ich dieses dicke Ding nun endlich auch mal angehen. :o) Danke!
    Trekfan1977

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  5. Na also, und wieder zwei Leute zum Lesen animiert... ;-)

    Ganz ehrlich, normalerweise empfinde ich einen Roman schon als dick, wenn er die 300-Seiten-Marke überschreitet. Aber dieser Roman hier hätte von mir aus auch noch viel dicker sein können. Weil es scheinbar so ist, dass dieser Roman die Leserschaft spaltet (entweder man findet ihn grandios oder öde), bin ich natürlich umso mehr auf Eure Meinungen gespannt. Bitte lasst es mich wissen, was Ihr von dem Buch haltet Und ja, ich werde es verkraften, falls Ihr anderer Meinung sein solltet, aber natürlich liegt mir dieser dicke Wälzer schon sehr am Herzen, deshalb hoffe ich natürlich, dass Ihr auch zur Liebhaber-Fraktion gehört. Auf alle Fälle erstmal viel Spaß beim Lesen!

    @K'olbasa: Was zum Geier hat Blogger mit dem Apostroph in Deinem Namen gemacht? Vielen Dank für das Lob und liebe Grüße an die Tafelrunde!

    @Trekfan1977: Ich habe zu danken, und viele Grüße in meine alte Heimat Thüringen! :-)

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  6. Hast Du beiden Bücher mal genauer miteinander verglichen? Konntest Du herausfinden, wie die gleiche Geschichte nach der Übersetzung so ein viel dickeres Buch produzieren konnte? Sind die Buchstaben in Schriftgröße 20, Papier nur auf einer Seite bedruckt oder sind deutsche Wörter nur einfach länger als englische?

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  7. Hallo Bernhard,

    die Schriftgröße bei der deutschen Ausgabe ist die selbe wie bei allen anderen Cross-Cult-Romanen. Bei der Originalversion ist die Schrift nicht kleiner, es sind aber mehr Zeilen pro Seite (nämlich 39 statt 33), und die Wörter stehen enger zusammen. Neue Kapitel beginnen beim Originalroman nicht wie sonst üblich auf einer neuen Seite, sondern direkt darunter, selbst wenn nur noch für drei Zeilen Platz war. Zusammen mit der Tatsache, dass englische Wörter tatsächlich im Durchschnitt kürzer sind als im Deutschen und man oft auch weniger Worte braucht, um dasselbe auszudrücken, kommt das Original "nur" mit 627 Seiten aus. Da außerdem das Papier sehr dünn ist, sieht er wie ein ganz normaler Roman aus, während die deutsche Ausgabe ein echter Brocken ist.

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  8. Hallo Ameise,

    schön zu sehen, dass Du hier auf Deine Seite noch aktiv bist. Ich hab mir diesen Brocken von Buch jetzt auch zugelegt und nach der grandiosen Rezension beschlossen, mich da mal ganz mutig raufzustürzen...
    Liebe Grüße Charlotte

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  9. Hey :)!

    Ich habe gestern Abend das Buch durchgekriegt.
    Ich liebe es! Am besten sollte es noch mehr Seiten haben, meiner Meinung nach...
    Auf jeden Fall finde ich das diese Rezi super dazu passt und kann es nur weiter empfehlen!

    Vlg. Trekkie2000

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  10. Ich finde es Schade dass dieser Blog nicht mehr weitergeführt wird.

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  11. ...das wär aber wirklich Schade.

    Und das ist ein wirklich tolles Buch...zumindest die Hälfte, die ich bisher gelesen habe.:)
    Auf, in die Fortsetzung!!
    Und viele Grüße aus EF
    Trekfan1977

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  12. Hallo Leute,

    demnach habt ihr auch schon lange nichts mehr von Ameise gehört.
    Sie war ja auch noch auf einigen anderen Seiten aktiv, auch da ist Funkstille.

    Ich kann mir nicht vorstellen dass man von jetzt auf nun mit seinem Hobby aufhört.

    Da wird doch wohl nichts passiert sein...?

    Zum Roman...
    ...den finde ich auch absolut Spitzenklasse.
    Der beste ST-Roman, den ich bisher gelesen habe.
    Auch die anderen beiden Teile dieser Trilogie
    sind zu empfehlen, auch wenn sie nicht
    an die Klasse dieses Romans heranreichen.

    Gruß, Frank

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