David Dvorkin
TOS Nr. 45, erschienen bei Heyne
(220 S., Original: Timetrap)
Auf dem Weg zu einer Sternenbasis empfängt die Enterprise ein Notsignal: Ein klingonisches Schiff mit dem schönen Namen Keule ist in einem schweren Ionensturm gefangen. Kirk wäre nicht Kirk, wenn er sich nicht höchstpersönlich mit einem Außenteam auf den Klingonenkreuzer beamen lassen würde. Sofort nach der Ankunft verliert er das Bewusstsein. Als er erwacht, muss er feststellen, dass er als Einziger des Außenteams überlebt hat und sich hundert Jahre in der Zukunft befindet. Die sogenannten "Neuen Klingonen" wollen Kirk als Friedensstifter einsetzen, um das Kriegsbeil zwischen dem Klingonischen Reich und der Föderation endgültig zu begraben...
Zeitreisen gehören zu Star Trek wie der Deckel zum Topf. In unzähligen Folgen und Romanen beschäftigte man sich in immer neuen Variationen mit diesem Thema. Ganz allgemein kann man sagen: Sobald bei Star Trek die Zeitreisethematik ins Spiel kommt, ist allerbeste Unterhaltung garantiert. Wie so oft bestätigen Ausnahmen die Regel, und um eine dieser Ausnahmen geht es in dieser Rezension.
Man merkt, das der Autor David Dvorkin die ehrgeizige Aufgabe hatte, einen wirklich großen Roman zu schaffen. Einer, der bis zum Schluss rätselhaft blieb, mit überraschenden Wendungen und voller Querverweise auf TOS-Episoden. Soweit der Anspruch, aber was dabei herauskam, strahlt in etwa so viel Charme aus wie die jährliche Heizkostenabrechnung. Die Geschichte ist lahm von vorne bis hinten; niemals kommt auch nur ein Ansatz von Spannung auf. Die Dialoge sind von bemerkenswerter Leblosigkeit und die Handlung wirkt viel zu konstruiert, um den Leser zu fesseln.
Am unangenehmsten fallen die Charakerbeschreibungen auf: die neuen Figuren sind langweilig, die bekannten schlecht getroffen. Kirk beispielsweise macht teilweise einen absolut vertrottelten
Eindruck. Er verknallt sich natürlich sofort in die einzige Klingonin an Bord, ist viel zu vertrauensselig und hat die längste Leitung aller Zeiten. Ziellos irrt er durch das Klingonenschiff, trifft auf einen Organier (Reaktion: "Ein Organier!"), dem er später ein weiteres Mal begegnet (Reaktion: "Na sowas! Noch ein Organier?"), aber der Captain scheint sich überhaupt nichts dabei zu denken. Er ahnt, dass der Klingone Morith ihm Informationen vorenthält, trotzdem zweifelt er nicht an dessen guten Absichten. Als Kirk in einen abgesicherten Bereich des Schiffes gelangt und einen seltsamen Apparat entdeckt, betätigt er prompt die "Energie"-Taste, nach dem Motto "Mal gucken, was passiert!" Ganz schön naiv, oder?
Auch die restlichen Personen kommen nicht viel besser weg. McCoy stichelt wieder mal gegen Spock, nur dass es diesmal so wirkt, als würde er ihn abgrundtief hassen - vom liebevollen Auf-den-Arm-nehmen keine Spur. Aber nicht nur der Doktor lässt es Spock gegenüber an Respekt missen, auch ein popeliger No-Name-Lieutenant stellt mitten auf der Brücke die Entscheidungen des Ersten Offziers infrage. Dieser widerum wirkt hilflos und scheint in diesem Buch ebenfalls nicht gerade der Hellste zu sein.
Insgesamt kommen in dem Roman einfach viel zu viele Ärgernisse vor, die in ihrer Summe einfach nerven. Zum Beispiel wurden Handlungsfäden aufgebaut, die später offenbar einfach vergessen wurden. Wieso wurde überhaupt dieser Organier ins Spiel gebracht? Bei diesem handelt es sich übrigens um Ayelborne aus der Folge "Kampf um Organia", wird aber in diesem Roman ständig "Ayleborne" genannt. Jedenfalls wird das Thema später einfach fallen gelassen. Auch das weitere Schicksal der Besatzung des Klingonenschiffes Keule ist unklar. In einer Nebengeschichte wird ein offenbar psychisch gestörter Wissenschaftler namens Elliot Tindall eingeführt; und die Handlung muss eine ziemliche Verrenkung hinnehmen, damit dieser B-Plot irgendwie mit der Hauptstory verbunden werden kann. Die große "Überraschung" am Schluss war mir ungelogen bereits ab Seite 38 klar. Es bleiben etliche Fragen offen, und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dem Autor wäre die Handlung seines Romans irgendwann über den Kopf gewachsen.
Symptomatisch für die mindere Qualität dieses Romans ist dann noch dieser Zeilendoppler in der deutschen Ausgabe:
Was gibt es eigentlich Positives über den Roman zu berichten? Nun, es sind nur 218 Seiten. Und die Kapitel sind angenehm kurz. Es hätte also schlimmer sein können...
Fazit: Eine inhaltliche und stilistische Katastrophe, die wirklich nur hartgesottenen Star Trek-Fans zu empfehlen ist.
1,5/5
Charaktere getroffen? *
Spannung: *
Humor: *
Action: **
Gefühl: *
originelle Handlung? **
Anspruch: **
Vorwissen nötig?
Trotz vieler Anspielungen auf die Serie dürften auch Neulinge mit diesem Buch klarkommen. Fragt sich nur, ob sie danach noch bereit sind, jemals wieder einen Star Trek-Roman in die Hand zu nehmen...
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