Willkommen auf meinem Star Trek-Blog! Seit ungefähr Anfang der 90er bin ich ein großer Star Trek-Fan, und irgendwann fing ich auch mal an, die Romane zu lesen. Dies soll ein Versuch sein, alle von mir geschriebenen Star Trek-Roman-Rezensionen einigermaßen kompakt zu präsentieren. Es würde mich freuen, wenn sich der eine oder andere bei meinen Bewertungen einen Tipp abholen kann. Wie man sehen kann, habe ich unter jede Rezension auch einzelne Aspekte wie Humor oder Spannung extra bewertet. Auch fehlte mir bei anderen Rezensionen immer der Hinweis, ob ein Star Trek-Roman auch für Nicht-Trekkies oder Neulinge geeignet ist oder nicht, deshalb gehe ich auch auf diesen Punkt ein.

Ich habe versucht, nicht allzuviel zu spoilern, aber absolute Spoiler-Allergiker möchte ich gleich darauf hinweisen, dass ich in fast jeder Rezi auch ein wenig auf den Inhalt des Buches eingehe. Ich finde es immer witzlos, wenn man rein gar nichts über das Thema eines Buches erfährt.

Ein Wort noch zu den verwendeten Fotos: Ich hätte die Cover auch einscannen können, fand aber die Idee mit den Fotos irgendwie schöner, gerade weil sie so dilettantisch aussehen ;-)
Kommentare, Tipps oder auch Rezensionswünsche sind jederzeit willkommen!

Und nun viel Spaß beim Stöbern!

Montag, 28. Februar 2011

Ein Stich zur rechten Zeit



Andrew J. Robinson

DS9, erschienen bei Cross Cult

(434 S., Original: A Stitch in Time)

Als "Deep Space Nine" erstmals im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde, hatte ich als zunächst meine Schwierigkeiten mit der neuen Serie. Zu sehr unterschied sich das düstere Ambiente von der vergleichsweise familiären Atmosphäre in TNG und TOS. Es dauerte bis weit in die dritte Staffel hinein, bis ich mich mit der dritten Star Trek-Serie anfreunden konnte. Eine Figur mochte ich aber von Anfang an, nämlich Elim Garak! Der von Andrew J. Robinson hervorragend dargestellte Cardassianer ist ganz klar eine der interessantesten und facettenreichsten Figuren im ganzen Star Trek-Universum und einer meiner absoluten Favoriten. Jahrelang fieberte ich der deutschen Veröffentlichung der Hintergrundgeschichte Garaks aus der Feder ebenjenes Andrew J. Robinson entgegen - und nun endlich ist es soweit!

 Der Roman besteht aus Briefen, die Garak nach seiner Rückkehr nach Cardassia an Dr. Bashir schrieb. Dabei wechseln sich drei Zeitebenen ab: Zum einen erfahren wir, was Garak nach dem verheerenden Dominionkrieg auf seiner zerstörten Heimatwelt anstellt. Der zweite Handlungsstrang spielt zur Zeit der sechsten und siebten Staffel, kurz bevor sich Garak der Widerstandsbewegung gegen das Dominion anschließt. Den mit Abstand größten Raum nimmt jener Teil ein, den uns die Serie weitestgehend schuldig blieb: Garaks Vergangenheit. Hier erfahren wir über seine Kindheit, die jäh endet, als Elim für das renommierte Bamarren-Institut rekrutiert wird, seinen Aufstieg und Fall im Obsidianischen Orden, und wie es für ihn war, als er im Exil auf Terok Nor und dem späteren Deep Space Nine leben musste. Dabei wird schnell klar, dass Garaks Lebensgeschichte eigentlich eine sehr tragische ist: Vertrauen, dass nur allzuoft mit Verrat bestraft wurde, ein totalitäres Staatssystem, ein Vater, der sich nicht zu seinem Sohn bekannte und eine unerreichbare große Liebe - all diese Erlebnisse prägten Garak und formten einen zutiefst misstrauischen Charakter, der sein wahres Ich hinter einem dichten Netz aus Lügen und Halbwahrheiten verbag.

Alle Achtung! Andrew J. Robinson beweist mit seinem Debütroman eindrucksvoll, dass er nicht nur schauspielern und Regie führen kann, sondern auch noch ein begnadeter Autor in ihm steckt. Jedenfalls schafft es dieses Buch mühelos, die meisten Werke gestandener Star Trek-Romanautoren in den Schatten zu stellen. Meisterhaft verknüpft Robinson die drei gleichermaßen hochinteressanten Handlungsstränge zu einem schlüssigen, in sich runden Roman, der so komplex ist und hintergründig wie die Hauptfigur Garak selbst ist. Trotz des langsamen Tempos und den sehr sparsam eingesetzten Actionelementen kann man hier wunderbar in die Geschichte eintauchen und mitfiebern. Auffällig sind die vielen Anspielungen auf so ziemlich alle DS9- und TNG-Folgen, in denen Cardassianer mitwirkten, so dass es empfehlenswert ist, sich bestimmte Episoden nochmal anzusehen. Diese Anspielungen machen es für sporadische Star Trek-Zuschauer ziemlich schwer, die Handlung nachzuvollziehen, aber Kenner dürften ihre helle Freude daran haben.

Einen großen Reiz der Geschichte macht dabei zweifellos der Schauplatz Cardassia Prime selbst aus. Meines Wissens gab es nie zuvor einen Roman, der sich näher mit dem Hintergrund und der Kultur der Cardassianer beschäftigte. Machte Cardassia Prime in der Serie stets den Eindruck einer düsteren, ungastlichen Welt, so kann man beim Lesen dieses Romans gut nachvollziehen, warum Garak seinen Heimatplaneten allen Widrigkeitkeiten zum Trotz so sehr liebte.
In der Serie taten die Drehbuchautoren gut daran, Informationen über den geheimnisvollen Schneider nur in winzigen Häppchen herauszurücken, weshalb Garak bis zum Schluss rätselhaft blieb und für den Zuschauer schwer einzuschätzen war, weil man ihm im Prinzip alles zutrauen konnte. Klar wird er jetzt durch diesen Roman einem Großteil seiner Geheimnisse beraubt, die Frage ist nur: Ist das schlimm? Ich meine nein, denn mal ehrlich: Die Serie ist vorbei, und ich wollte endlich eine Antwort auf die vielen Fragen, die sich im Laufe der Zeit ansammelten. Auf den weiteren Lebensweg unseres Lieblingscardassianers bin ich nach wie vor sehr gespannt!

Ein kleiner Tipp noch: "Ein Stich zur rechten Zeit" ist ein Roman, der einigermaßen konzentriertes Lesen erfordert. Man sollte sich von Anfang an die Personen gut einprägen, die im Laufe der Handlung meist unter anderem Namen nochmal auftauchen werden - ein gutes Namensgedächtnis oder Notizen sind hier wirklich von Vorteil! Ich jedenfalls musste mehrere Male zurückblättern ("Wer war das nochmal?"), um meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen.
Auch die "Landkarte" am Anfang ist immer wieder mal einen Blick wert.

Ich gebe gern zu, dass der Roman bei mir den Garak-Bonus hat. Hinzu kommt, dass ich sowieso eine Schwäche für Star Trek-Romane habe, die reine One-Man-Shows sind und deren Handlung sich über einen langen Zeitraum hinzieht. Auf jeden Fall ist "Ein Stich zur rechten Zeit" ein sehr ungewöhnlicher Star Trek-Roman, und nicht nur durch die bei ST-Büchern sehr seltene Ich-Perspektive. Er besticht vor allem auch durch seine wunderbare, eloquente Sprache, so dass man immer das Gefühl hat, Garak reden zu hören.

Fazit: Besser kann ein Star Trek-Roman kaum sein! Ein faszinierender Hauptcharakter, eine verschachtelte, anspruchsvolle und sehr berührende Story, Sätze, die man sich am liebsten einrahmen würde und lang ersehnte Antworten auf offene Fragen - Herz, was willst du mehr? Daumen hoch für den bisher besten Roman aus dem Hause Cross Cult!


5,5/5

Charaktere getroffen? ****
Spannung: **
Humor: *
Action: **
Gefühl: ****
originelle Handlung? *****
Anspruch: *****

Vorwissen nötig?
TV-Vorkenntnisse sind hier absolut notwendig! Dafür knüpft das Buch nicht an andere Romane an.

8 Kommentare:

  1. Ich habe das Buch da, aber leider noch nicht gelesen.

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  2. Hi Ameise! Da stimme ich dir 1000%tig zu, bin zwar erst grad mit dem ersten Teil des Buches fertig, aber es ist bis jetzt schon unglaublich gut - lange schon nicht mehr einen solch brillianten Star Trek Roman gelesen. :)

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  3. @chogaramirez:

    Auf den Roman kannst Du Dich freuen, der wird Dir ganz sicher gefallen. Wenn ich mich recht entsinne, bist Du doch auch ein großer Garak-Fan, oder?

    @Carlito:

    Wow - eine hundertprozentige Zustimmung? Ich kann mich noch daran erinnern, dass Du einer Rezension von turon47 "nur" zu 97,49 % zugestimmt hast ("Destiny 2"), und unter diesen Umständen fühle ich mich sehr geehrt!

    :-)

    Bin sehr gespannt, wie Dein Fazit lautet, wenn Du das Buch ausgelesen hast!

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  4. Oh Mann, ich sollte mal meine Brille putzen: Das war ja sogar eine tausendprozentige Zustimmung! Bin sprachlos... ;-)

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  5. Hallo,
    nachdem durch Turons Blog zufällig den Link zu deinem Blog entdeckt habe, muss ich sagen, dass ich begeistert bin :)
    Ich bin Star Trek Neuling und finde es toll, dass du darauf eingehst, wie viel Vorwissen man für ein bestimmtes Buch mitbringen muss. Ein paar Bücher habe ich mir auf jeden Fall schon vorgemerkt und ich werde sicher noch öfter auf deinen Blog schauen, in guten Rezensionen zu stöbern macht mir nämlich fast genauso viel Spaß, wie die Bücher anschließend zu lesen ;)

    Viele Grüße,
    Velvet

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  6. Hallo Velvet,

    schön dass Du hier vorbeischaust und vielen Dank für das Lob! Mir ist es in der Tat wichtig, bei Rezensionen auch darauf zu achten, ob ein ST-Roman für Neueinsteiger geeignet ist, weil ich schon öfter von "normalen" SF-Lesern nach empfehlenswerten Star Trek-Romanenen gefragt wurde. Ich würde mich sehr freuen, wenn Du ein paar Romane finden kannst, die Dich interessieren. Wenn Du sie durch hast, bin ich natürlich sehr gespannt auf Deine Meinung!

    P.S. Bei manchen Büchern macht es tatsächlich mehr Spaß, die Rezensionen zu lesen als den Roman...

    LG Ameise

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  7. Servus Ameise!

    Ja, bei Destiny II bin ich so "penibel" gewesen, weil ich schon Ewigkeiten im Voraus extrem hohe erwartungen an die Reihe hatte. Bei dem Garak Roman hatte ich den Vorteil, wenn man es so nennen kann, dass ich erst vor Kurzem durch Zufall auf ihn aufmerksam wurde. Ich hatte zwar schon vor Jahren mal davon gehört, dass es diesen Roman auf Englisch gäbe, ihn aber irgendwie total aus meiner Wahrnehmung gestrichen...;) - Naja, dann wars ein unvorbereiteter Spontankauf und er hat mich sofort in seinen Bann gezogen.

    Leider bin ich im Moment berufsbedingt so eingespannt, dass ich immer noch nicht mit dem zweiten Part anfangen konnte, allerdings erwische ich mich manchmal dabei, wie ich darüber nachdenke, welche Person sich wohl unter dem Decknamen des Cardassianers verbindet, der Garar im ersten Teil, sagen wir mal "geprägt" hat... Ich habe da schon so eine Vermutung.... :))))

    Beste Grüße!

    Carlito

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  8. Hallo Ameise,

    ja gerne, wenn ich einen Roman durch habe, schreib ich gerne meine Meinung dazu =)
    Ich werde mich demnächst mal in unserer Stadtbibliothek umschauen, vielleicht finde ich da schon ein Buch, dass mich hier in deinem Blog angesprochen hat ;)

    Das glaub ich gerne, gerade bei Tie-Ins gibt es oft viele schlechte Romane ... Wobei ich mittlerweile überlege, selbst ein Blog mit Romanrezensionen aufzumachen, allerdings nicht zu Star Trek, sondern zu einer anderen Sci-Fi Serie, von der ich schon länger Fan bin

    Liebe Grüße,
    Velvet

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